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Gewitter/Hagel/Sturmschäden 01.08.2017/02.08.2017 frühmorgen

Alles zu (Un)wetter relevant für die Schweiz
flowi
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Re: [FCST/NCST] Gewitter 01.08.2017

Beitrag von flowi »

Hoi,
in unserer Nachbargemeinde, Wutöschingen, hat es beträchtliche Schäden im Wald gegeben.
Die Rede ist von 2000 fm. Sturmholz.
Hab heute Abend noch schnell eine größere Schadensfläche angeschaut.
Die Schneise ist hier gut und gerne 150 m. breit. Bäume liegen alle in West-Ost Richtung.

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Zur Orientierung noch ein Kärtchen:
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Zur Tornadodiskussion hier noch eine mehr oder weniger interessante Aussage:
"Werner Gebhardt, der Revierförster von Rickenbach, bestätigt die ungewöhnlichen Ausmaße des Unwetters. "Es war nicht vorherzusehen, dass so etwas passiert. Es sind etwa 50 größere und etliche kleinere Bäume umgestürzt. Auf der Höhe des Eggbergbeckens kann man eine richtige Schneise sehen. Dort ist die Windhose vorbeigezogen. Auf fünf Metern Höhe sind die Bäume abgebrochen." http://www.badische-zeitung.de/unglueck ... chen-nacht
Das Eggbergbecken liegt bei Bad Säckingen.

Gruß,
Flowi
Zuletzt geändert von flowi am Mi 2. Aug 2017, 22:41, insgesamt 2-mal geändert.

Wetterfreak_VBG
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Re: [FCST/NCST] Gewitter 01.08.2017

Beitrag von Wetterfreak_VBG »

servas

Ich habe gestern Nacht auch die Stroboskop Superzelle von mir aus (Dornbirn) verfolgt. Habe dabei einen kleinen Zeitraffer erstellt der den Weg über den Bodensee zeigt. Leider ein bisschen dunkel, auf der Kamera hats heller gewirkt (muss mich noch ein bisschen rein finden, Kamera ist neu und bin eingerostet :-D )

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Dornbirn | Salzburg
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MfG,
Michael


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Willi
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Re: [FCST/NCST] Gewitter 01.08.2017

Beitrag von Willi »

Anbei eine Interpretation der Superzelle von heute früh aus meiner Sicht:

- Markierung in Rot der in diesem Thread bislang aufgeführten Orte mit Sturmschäden. In Grün die ungefähre Position der Superzelle zu verschiedenen Zeiten. Auffällig der etwas verstärkte Rechtsdrall der Zelle zwischen 0215 und 0235 Uhr.

- Das 3D-Radarbild um 0215 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt war die vertikale Erstreckung des Hagelschlotes (bis 10 km) am ausgeprägtesten.

- Die Radar-Meso bei kachelmannwetter um 0155 Uhr auf etwa 5 km Höhe (4.5 Grad Elevation, 60 km Distanz zum Feldberg-Radar), markiert durch zwei weisse gegenläufigen Pfeile, welche die Strömungsrichtung relativ zum Feldberg-Radar anzeigen. Später leider keine vernünftige Auswertung der Doppler-Bilder möglich, infolge des sehr störenden Radarschattens in SE-Richtung.

Fazit: Die Schadenorte passen sehr gut zur Superzelle. Eine schlüssige Antwort, ob Tornado(s) oder Downburst(s) oder beides ist nicht möglich. Es gab wohl 2-3 "weak-evolution" Pulsationen der Zelle, welche die teils sprunghafte Verlagerung der Schadengebiete erklären kann. Ab Andelfingen bis Konstanz scheinen die Schadengebiete schön auf einer schnurgeraden Zugbahn zu liegen. Interessant wäre noch ein angepasster Hodograph, und selbstverständlich eine detaillierte koordinatengenaue Erfassung aller Schadenorte, wo möglich mit Fallrichtung der Bäume etc. Dann kann evtl. eine fundiertere Interpretation gegeben werden.

Gruss Willi

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Quelle: 3D-Radar (kostenpflichtig)
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Quelle: https://kachelmannwetter.com/de/doppler ... 2355z.html
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Gruss Willi
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Bernhard Oker
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Re: [FCST/NCST] Gewitter 01.08.2017

Beitrag von Bernhard Oker »

Kachelmannwetter Winkel Scans:
Dopplergeschwindigkeit: https://kachelmannwetter.com/de/doppler ... 0000z.html
Radar DBZ: https://kachelmannwetter.com/de/radarsw ... 0000z.html

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Tagesanzeiger Artikel primär zum Hagelsturm in Winterthur mit Glasschäden an einer Gärtnerei:
http://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/reg ... y/31463755

Gruss
Bernhard
Zuletzt geändert von Bernhard Oker am Do 3. Aug 2017, 06:57, insgesamt 3-mal geändert.
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Willi
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Re: [FCST/NCST] Gewitter 01.08.2017

Beitrag von Willi »

@Bernhard, könntest du die Windplots auch noch etwas früher zeigen, 2330/2300 UTC?
Das wäre dann der Inflowbereich der Zelle.

Gruss Willi
Gruss Willi
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Cyrill
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Re: [FCST/NCST] Gewitter 01.08.2017

Beitrag von Cyrill »

Willi hat geschrieben:Anbei eine Interpretation der Superzelle von heute früh aus meiner Sicht:

1.) - Auffällig der etwas verstärkte Rechtsdrall der Zelle zwischen 0215 und 0235 Uhr.

2.) Fazit: Eine schlüssige Antwort, ob Tornado(s) oder Downburst(s) oder beides ist nicht möglich. Es gab wohl 2-3 "weak-evolution" Pulsationen der Zelle, welche die teils sprunghafte Verlagerung der Schadengebiete erklären kann. Ab Andelfingen bis Konstanz scheinen die Schadengebiete schön auf einer schnurgeraden Zugbahn zu liegen. Interessant wäre noch ein angepasster Hodograph, und selbstverständlich eine detaillierte koordinatengenaue Erfassung aller Schadenorte, wo möglich mit Fallrichtung der Bäume etc. Dann kann evtl. eine fundiertere Interpretation gegeben werden.

Gruss Willi
Hoi Willi

Zu 1.) Ja, dieser Rechtsdrall ist mir vor Ort auch aufgefallen, da ich zunächst nach meiner Trackberechnung exakt in der Zugbahn stand. Sie wich plötzlich von ihrer Längsachse ab, was aber angesichts des vielfach massgeblichen Einflusses der orografischen Bedingungen des Randen mich prinzipiell nicht verwundert. Andererseits machte ich eine Beobachtung, die mich etwas irritierte. Auf dem Radar ist dies wohl nicht eindeutig feststellbar, aber ich hatte während dem Fotografieren auf der Rückseite der Superzelle den Eindruck, als hätte sie einen Doppelkern, der sich nicht spaltete und auseinander driftete, wie bei einem klassischen Zellsplit, sondern dessen Teile / Cores parallel verliefen. Dies würde auch etwas erklären - was ich auf der Rückfahrt bemerkte -, dass bei Mammern und entlang des Untersees genauso starke Schaden zu verzeichnen sind, wie beispielsweise bei Ober- und Unterstammheim, wie ich gesehen habe.

Die beiden nachfolgenden Fotos entstanden um ca. 02 15 Uhr, als ich schon längere Zeit auf meinem Spotterplatz stand und die erste, vorlaufende, "normale" Gewitterzelle knapp nördlich an mir vorbei zog:

Bild
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Wie das Donnerradar zeigt, löste sich diese relativ schnell auf und wurde von der Superzelle "aufgefressen", bzw. ihre Energie wurde angezapft.

Zu 2.) Ich poste hier mal eine Dopplerradarsignatur (Kachelmann), die um 03 05 Uhr über Mammern zu liegen kommt

https://kachelmannwetter.com/de/doppler ... 0105z.html

Nach meiner Einschätzung ist eine detaillierte Aufnahme der Schadenorte usw. fast nicht möglich ohne z.B. den Einsatz einer Drohne. Es sind tausende von Bäumen und dutzende Hausdächer, die bereits mit Planen abgedeckt sein dürften und allgemein sind die Aufräumarbeiten im vollen Gange, weil doch viel Siedlungsgebiet betroffen ist (anders als beim Tornado vor zwei Jahren am im Südschwarzwald).

Gruss Cyrill
Zuletzt geändert von Cyrill am Do 3. Aug 2017, 08:22, insgesamt 4-mal geändert.

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Dävu
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Re: [FCST/NCST] Gewitter 01.08.2017

Beitrag von Dävu »

Hier noch kurz mein "Chasingbericht":

Wir hatten wieder zum Grillfest bei uns eingeladen, somit hatte ich nicht gross Zeit für ein Chasing. Die Wetterprognosen stimmten mich unzuversichtlich und ich erwartete eine Wiederholung des 8.7.17 (siehe https://www.sturmforum.ch/viewtopic.php ... 50#p190973).

Das erste Gewitter zog gegen 16:30 auf, sah aber nicht sonderlich stark aus. Es sollte jedoch über uns wegziehen und sich dann deutlich verstärken. Mir war's recht so, und für ein paar Blitzfotos hat es auch noch gereicht.

Aufzug:
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Blitze:
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Nach dem ersten Gewitter folgte kurz später das zweite, aber auch dieses blieb bei uns schwach und ohne Wind:
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Danach folgte ein versöhnlicher Grill- und 1. August-Abend bei angenehmen, ja fast kühlen Temperaturen. Feuerwerke und das Aareleuchten konnten in Bezug auf das Wetter gefahrenlos abgelassen bzw. durchgeführt werden.
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Gruess, Dävu
David in 5018 Erlinsbach


Michael (Dietikon)
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Re: [FCST/NCST] Gewitter 01.08.2017

Beitrag von Michael (Dietikon) »

@Willi: Danke für deine Interpretation zur Superzelle. Spannend! Ich habe versucht, mich an vergleichbare Ereignisse in der Vergangenheit zu erinnern, also Superzellen, welche über längere Distanzen Windschäden verursacht haben. Spontan fallen mir da der 13.7.2011 (http://www.sturmarchiv.ch/index.php?tit ... Mittelland) und der 24.6.2002 (http://www.sturmarchiv.ch/index.php?tit ... ton_Aargau) ein. Gibt wahrscheinlich noch weitere Ereignisse. Interessant finde ich, dass alle Fälle in der Nacht aufgetreten sind. Gibt es ähnliche Fälle von Superzellen, welche tagsüber aufgetreten sind? Mir fallen nur solche ein, die vor allem grossen Hagel und nur lokale Downbursts produziert haben.

Gruss, Michael
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Re: [FCST/NCST] Gewitter 01.08.2017

Beitrag von Patrick »

Hoi zäme

Vielen Dank für die vielen spannenden Berichte und die tollen Fotos. :up:

Nachfolgend noch einige Aufnahmen der ersten Gewitterzelle, die durchs Mittelland zog sowie der darauffolgenden zweiten Gewitterlinie. Wir waren primär zum Baden an der Reuss, weshalb wir den Aufzug nicht vollständig mitverfolgen konnten. Machten uns aber gerade noch rechtzeitig auf den Weg, um einige Fotos der sehr fotogenen Wolkenbasis knipsen zu können. Die Zelle schwächte sich allerdings deutlich ab und die zu Beginn tiefe Wolkenbasis hob sich innert wenigen Minuten an.

Aufgenommen in Sulz bei Künten.
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Nachfolgende Fotos von Bellikon aus.
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Durchgang zweiter Gewitterlinie, ebenfalls von Bellikon aus.
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Viele Grüsse
Patrick

Michael (Dietikon)
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Re: [FCST/NCST] Gewitter 01.08.2017

Beitrag von Michael (Dietikon) »

Rontaler hat geschrieben:Fragen am Rand: Warum gibt es die stärksten Entwicklungen stets am südlichen Ende einer Gewitterlinie und warum sind die Superzellen so gefährlich, die an der Grenze von trockener Föhnluft und feuchter Luft entlang ziehen? Miteinbezug von trockener Luft wg. Downbursts oder Typ low precipitation mit weniger Niederschlag aber sehr grossem Hagel?
Diese 'leading egde'-Zelle (übersetzt etwa 'vorangehende Zelle am Rand') hat die energiereichste Luftmasse (z. B. in Form von CAPE) zur Verfügung. Aufgrund ihrer Position wird der Inflow nicht oder nur geringfügig durch andere Zellen beeinträchtigt oder anders gesagt, CAPE weniger reduziert. Die anderen Zellen im Cluster müssen sich diese Energie sozusagen untereinander aufteilen, wodurch sie logischerweise weniger zur Verfügung haben. Zudem ist das Windfeld/Scherung im Bereich der 'leading edge' für die Entstehung von Superzellen oftmals günstiger. Die Zelle muss sich allerdings je nach Windsituation nicht unbedingt am Südrand entwickeln, wobei das ihre typische Position ist.

Welche Mechanismen Superzellen im Grenzbereich von trockener und feuchter Luft ('dry line') so gefährlich machen, ist meines Wissens immer noch nicht vollständig verstanden. Eine Hypothese ist, dass durch die Intrusion von trockener Luft ('entrainment') Downbursts begünstigt werden. Zudem kann die Überlagerung von trockenen Luftmassen (z. B. Föhnluft) über einer feuchten Grundschicht zu einer weiteren Destabilisierung führen. In der Schweiz kommt vermutlich hinzu, dass in den Föhnrandgebieten (entlang der Voralpen) oftmals eine Konvergenz vorhanden ist. Dadurch sammelt sich dort feuchte Luft in der Grundschicht an (Feuchteflusskonvergenz), was das Energieangebot lokal erhöht.
Zuletzt geändert von Michael (Dietikon) am Do 3. Aug 2017, 10:58, insgesamt 1-mal geändert.
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