Hallo
kleiner Chasingbericht:
Am Morgen gg. 09 30 Uhr hatte ich nochmals (wie gestern) einige Karten angeschaut (GFS); und machte mich weder bei Janek (WRF) noch sonst wo schlau, denn ich plane ungern, wenn ich knapp an der Grenze von Fore- und Nowcast noch einen unabänderlichen Termin habe, ohne fixes Ende. Und dieser hatte alleroberste Priorität. Ich hatte aus den Modellkarten schon ein wenig Konvektives gesehen (entlang der Voralpen), welches ich ins Auge fasste. Doch die "valid-time"..... Naja. Man muss (um es gelinde auszudrücken) ziemlich bescheuert sein, wenn man an einem Freitagabend, im Zürcher Aggloring II gegen Osten hin vernünftig chasen will (ausser man kennt sich gut aus und kennt die Schleichwege / Taxirouten). Ansonsten sind die Strassen einfach dicht; Feierabendverkehr, Blechlawinen ohne Ende - etwas netter ausgedrückt "Pendler". Ich habe nichts gegen diese Leute; es ist einfach für Chaser die denkbar ungünstigste Zeit.
Blanker Neid in Bezug auf unser USA-Chasingteam kommt da auf
: Great plains, offene Prärie, meilenweit freie Sicht.... "seufz"....
Schon um 14 40 Uhr sah ich, wie es über dem Appenzell köchelte; und um 15 40 Uhr war ich nach dem Termin endlich in einer 3G-Zone, mit schnellem Internet. Diese Lage war zum Chasen eine wirkliche Herausforderung, denn die Entwicklungszyklen, mit den verschiedenen Reifestadien liefen im Zeitraffer ab. Im unten geposteten Donnerradar ist dies deutlich zu sehen, quasi von "0 auf 200" in nur 30 Minuten...krass!
Aufnahme in Richtung Gossau ZH / Bachtel um 15 47 Uhr. Von Auge sieht man nicht einmal genau, wo sich die Mutterzelle befindet. Das ist ja eine "Matroschka-Zelle"; nicht eine Multizelle mit nebeneinander liegenden Zellsegmenten, sondern ineinander, wie beim "Fang den Hut"-Spiel. Appenzell ist "allmost non-chasable aerea", also war es keine Option diese zu jagen, bzw. dorthin zu verfolgen. Nach dem chasing-Motto "nicht gucken was geht, sondern was kommt" drehte mich um 180° Grad. Hier Einblick nach Südwesten um 15 49 Uhr:
Dominant: Stratocumulus stratiformis perlucidus cumulogenitus und der kleine "Pfupf" in der Mitte ist so eine (etwas mickrige) Cumulus mediocris. Als Zeichen der (hier im Tread angesprochenen) restlichen Leewellen des Föhns, sieht man am Horizont links noch zwei, drei Lenticularis ("Föhnfischchen). Es heizt schön ein in der Gegend, aber gerade konvektiv sieht das nicht aus. D.h. ich rechnete damit, das die auf dem Radar oben rot markierte, kräftige Linie es nicht über den Zürichsee schaffen würde, evtl. schon vorher eingeht... Die Wolken haben schon viel verraten.
So war es auch.... Und Tschüss (siehe Donnerradar-Loop)
Derweil kam die "Sarnenzelle" (die bei diesen Lagen oft auslöst) in die Gänge, mit welcher ich ebenfalls rechnete, denn im Raum Sarnen / Vierwaldstättersee hatte es wenigstens etwas SB-CAPE, wenn schon sonst fast überall "CAPE-Wüste" herrschte. Sounding-Messdaten bei Bernhard von 15 10 Uhr local - und zu diesem Zeitwert, je nach Lage und Parameter, kann man (mein Erfahrungswert) rd. 30-50 Minuten hinzuzählen, bis die "..PE" umgesetzt, bzw. umgewandelt wird (vgl. Donnerradar).
Hiermit ein schönes Beispiel dafür, dass trotz extrem mageren CAPE-Werten bis hinunter gg. 200 J/ kg kräftige Gewitter entstehen können. CAPE ist eben nicht alles, was es an "Zutaten" braucht, bzw. absolut notwendig sind.
Das Feuchteangebot war vorhanden, das sieht man auf den Fotos oben.
SRH nix; der Swiss12-Index sprang nicht an. Hilfe aus der oberen Troposphäre... naja, nicht üppig.
Aber so eine ausgewachsene Bodenwindkonvergenz quer über die Nordostschweiz, im Voralpengebiet, durch den abklingenden Föhn noch getriggert (Föhn- / Westwind-Konvergenz), IST LECKER! Und bei so etwas fahre ich auch in die Agglozone II am Freitagabend. Schmerikon war ein Target (im Trichterpunkt der Lindtebene, am Ende des Zürcher-Obersees, wo die Pfeile zusammenlaufen), doch ich entschied mich für einen Zwischenstopp in Jona (s. Bild unten)
Eine ziemlich homogene Stratocumulus (opacus) Wolkendecke dämmt die Sonneneinstrahlung. Doch der Cumulogenitus markiert die Aufgleitzone, weshalb sie auch etwas fächerig und zerzaust aussieht, dort wo kühle, feuchte Luft auf trockene, warme Luft trifft.
Die Windspeed-Maxima entlang der Konvergenzlinie lagen aber eher südlich; und bei diesem super Windprofil (SFC - 700 hPa)......
.... müsste man die Augen für Funnelclouds ein wenig offen halten.
Ich entschied mich für eine der beiden Varianten (in Schmerikon abwarten, oder Feusisberg-Stopp und weiter nach Einsiedeln). Ich fuhr im zähfliessenden Verkehr auf der Autobahn bis zum Parkplatz Feusisberg... nervenzerreissend, denn auf dem Donnerradar bekam im Gebiet Sattel die zuvor schwächelnde Zelle wieder vollen Power. Das bischen CAPE bei Einsiedeln (siehe oben SB-CAPE Karte, gelber Punkt) hatte gereicht; die orografisch günstigen Verhältnisse (Luv > Hebungszone) unterstützten den Prozess.
Links im Bild fast die gesamte Albiskette, im Vordergrund der Zürichsee in "Bananenform" und im Hintergrund (rd. 25 km Sichtweite) im Dunst der Ütliberg. Um 16 56 Uhr schraubte sich eine Funnelcloud aus der sonst glatten und homogenen Wolkenuntergrenze, ganz in der Nähe von mir, mit sichtbarer Rotation um die Trichterachse. "Just in time"
Nach rd. 2 1/2 Minuten war schon wieder vorbei.
Bei Einsiedeln positionierte ich mich bei Willerszell am Sihlsee, während in einiger Entfernung die gleissenden CG's einschlugen.
Parallel zu einer neuen Auslöse im Toggenburg, bildete sich eine Zelle, die meiner Berechnung über das Glarnerland in Richtung Walenstadt unterwegs war. Ich fuhr dorthin und ein das letzte Jahr schon einmal beobachtetes Naturschauspiel konnte ich fasziniert verfolgen. Berge (Gamsberg) im Wolkenstau eines Gewitters:
Geradeaus Walenstadt....
Gruss Cyrill