Werbung

FCST/NCST Gewitter 07.07.2014

Alles zu (Un)wetter relevant für die Schweiz
Matt (Thalwil)

FCST/NCST Gewitter 07.07.2014

Beitrag von Matt (Thalwil) »

Morgen Montag folgt bereits die nächste Gewitterlage, bzw. sie schliesst beinahe nahtlos an die vom Vortag an. Die Vorgeschichte dazu liest sich hier: http://sturmforum.ch/viewtopic.php?f=2&t=9183

Die grossräumige Konstellation mit dem Trog westlich der Schweiz ändert sich nicht allzu stark. In der Höhe dominieren weiterhin südwestliche Winde. Allerdings gibt es in den mittleren und tiefen Luftschichten eine entscheidende Änderung. Das Bodentief nördlich der Alpen baut sich ab und der Druckgradient Süd-Nord verringert sich markant. Demnach setzt die Föhnströmung aus. Am Montag besteht auch für die östlichen Voralpen und das davor liegende Flachland die Gefahr von kräftigen Gewittern. Die Taupunkte sollten dort deutlich höher als am Sonntag liegen. Das betrifft insbesondere die leicht erhöhten Lagen (800-1500 m), wo am Sonntag ein trockener Einschub Föhnluft lag.

Nach jetzigem Wissenstand und unter Berücksichtigung der Unsicherheiten, welche eine solche Lage mit sich bringen, betrachte ich das Unwetterpotenzial als relativ gross: Ich denke da in erster Linie an Hagel und lokale Überflutungen. Was meint ihr? An Abend werde die Gewitter allmählich in flächigeren, intensiven NS übergehen. Bis weit in die Nacht auf Dienstag hinein sind dabei eingebettete Zellen mit Blitz und Donner wahrscheinlich.

CAPE und WIndpfeile:
Bild

Benutzeravatar
Marco (Hemishofen)
Beiträge: 1364
Registriert: So 23. Jun 2002, 18:15
Geschlecht: männlich
Wohnort: 8261 Hemishofen
Hat sich bedankt: 250 Mal
Danksagung erhalten: 546 Mal

Re: Starkniederschläge 07. bis 10.07.2014

Beitrag von Marco (Hemishofen) »

So nach dem heutigen Gewittertag/-abend darf man gespannt sein, wie sich die konvektive Aktivität auf die Grundschicht für den Montag 7.7. auswirkt: es hat natürlich merklich abgekühlt, aber zumindest im Vergleich mit dem heute föhnig-trockenen Osten auch angefeuchtet. In der Nacht schütten noch ein paar Schauer ihr Wasser auf den Boden, so dürfte das Feuchteangebot vom Boden her noch etwas ansteigen.

Dem PLUS an Feuchtigkeit steht wohl ein MINUS an Einstrahlung gegenüber, die morgen auf Grund von deutlich höherer Bewölkungsanteile reduziert ist. Die letzten COSMO-2 Läufe sind allerdings förmlich explodiert was Konvektion angeht, und zwar auch im Osten! Kann gut sein, dass hier der Montag der spannendere Tag ist, als der Sonntag. Stellvertretend die aktuelle Version http://meteo.search.ch/prognosis, die sicher bald wieder anders aussehen wird ...
Gruss Marco
-------_/)----


Benutzeravatar
Federwolke
Moderator
Beiträge: 8769
Registriert: Mo 20. Aug 2001, 23:47
Geschlecht: weiblich
Wohnort: 3074 Muri bei Bern
Hat sich bedankt: 1637 Mal
Danksagung erhalten: 7705 Mal
Kontaktdaten:

Re: FCST/NCST Gewitter 07.07.2014

Beitrag von Federwolke »

Das ist mal wieder so eine Lage, wo alle da stehen wie der Esel am Berg... von den Modellen bis zu den erfahrensten Meteorologen. Ich lese und höre für morgen immer wieder das Stichwort "Südwest", und da fängt der Bock schon mal an zu stinken, denn wir haben es mit einer waschechten Süd zyklonal zu tun. Eine Grosswetterlage, die im Hochsommer (Juli/August) so gut wie nie auftritt und daher kein Mensch und schon gar kein Modell weiss, was da genau geschieht. Jedenfalls habe ich bis 2002 zurück nur eine SZ-Lage im Hochsommer gefunden: 17.-20.07.2011. Doch damals kam die Front rascher nach Osten voran und blieb erst über Österreich stehen, die Alpennordseite der Schweiz und fast ganz Deutschland gerieten sehr rasch unter den Einfluss der bodennahen Kaltluft. Also schon mal nix mit Vergleichsmöglichkeit...

Dank dem beginnenden Cut-off-Prozess steilt im Lauf des Montags die Strömung in 500 hPa zunehmend auf Süd auf und dreht dann in der Nacht auf Dienstag sogar gegen Südost:

Bild

Die zusammen mit dem 500-er bestimmende Strömung der Gewitterzugbahnen in 700 hPa ebenfalls auf Süd:

Bild

In der Grundschicht 850 hPa und tiefer hingegen zum Tief im Westen gerichtete Strömung, also Bise:

Bild

Damit wird der ganze schwüle Schlaz vom Sonntag wieder von Bayern zurück zu uns gedrückt, die Front wird nördlich der Schweiz retrograd und kommt wieder ungefähr auf der Linie Genf-Elsass zu liegen:

Bild

Immer vorbehalten, dass bereits kleinste Veränderungen in der Druckkonstellation eine geografische wie auch zeitliche Verschiebung möglich machen. Ob der erwartete Gewitter-Gänsemarsch über dem Jura oder dem zentralen Mittelland zu liegen kommt? Möglicherweise pendelt er auch ein bisschen hin und her, alles ist möglich. Ach ja, und dann wäre da noch der übliche Spielverderber namens Föhn, den man nie zu früh abschreiben sollte. Das da lässt auf jeden Fall bei mir die Alarmglocken schrillen:

Bild

Ein weiterer Föhnstoss am Nachmittag/Abend liegt durchaus im Bereich der Möglichkeiten, was die Front weiter aufhalten und der Westschweiz, der Regionen Bern, Basel und Aargau zusätzliche Schütten bescheren könnte. Hingegen ist es so gut wie unmöglich vorherzusagen, zu welchem Zeitpunkt die Unwetter auf die Ostschweiz übergreifen werden. Zum Glück ist Montag, da erholen sich die meisten Freiluft-Veranstalter von den Wochenend-Strapazen...

221057Gino
Beiträge: 2225
Registriert: Di 1. Jan 2008, 02:49
Geschlecht: männlich
Wohnort: CH 6044 Udligenswil LU
Hat sich bedankt: 2 Mal
Danksagung erhalten: 26 Mal
Kontaktdaten:

Re: FCST/NCST Gewitter 06.07.2014

Beitrag von 221057Gino »

Zuletzt geändert von Bernhard Oker am Mo 7. Jul 2014, 08:28, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Beitrag verschoben

Benutzeravatar
Microwave
Beiträge: 1232
Registriert: Mo 2. Aug 2010, 22:31
Geschlecht: männlich
Wohnort: 8004 Zürich
Hat sich bedankt: 2727 Mal
Danksagung erhalten: 230 Mal

Re: FCST/NCST Gewitter 07.07.2014

Beitrag von Microwave »

Würde die simulierte Scherung wohl für Superzellen reichen?
Bild
Bild
Quelle: Ausschnitt aus Janek-4km-WRF, TStorm-Composite

In welche Richtung würden entstandene Zellen ziehen, nach Schaffhausen vielleicht?
Leider spielt wohl laut Federwolke der Föhn hinein, also nix Konvektion dort oben?

Standardfrage: Wo am ehesten Hagel suchen heute? Luzerner Voralpenschiene? Doch eher westlich (Fribourg, etc.)?
Cosmo macht Lust auf die ganz klassischen Orte wie Malters usw..., ändert sich aber ständig.


Grüsse - Microwave
Successful corepunches during (GA) "chasing":
11, 6, 0
5, 0

Benutzeravatar
Badnerland
Beiträge: 1655
Registriert: Di 9. Mai 2006, 20:38
Geschlecht: männlich
Wohnort: D - 79104 Freiburg im Breisgau
Hat sich bedankt: 291 Mal
Danksagung erhalten: 231 Mal

Re: FCST/NCST Gewitter 07.07.2014

Beitrag von Badnerland »

Ziemlich undurchsichtige Lage, habe allerdings selten so eine ausgeprägte Richtungsscherung (wie von WRF für die Abendstunden gerechnet) in unserer Region gesehen. Der Satloop macht momentan etwas Hoffnung, dass die Sonne ab den Mittagsstunden noch eine Chance bekommt und es entsprechend labilisiert.
Ganz schwer einzuschätzen, wie der Nachmittag/Abend verlaufen werden, auch wenn Cosmo und WRF grob gesehen einen ähnlichen Ablauf simulieren.

Spannend ;-)

Grüsse
meist rund um Freiburg oder der Umgebung (Oberrheingraben, Schwarzwald, Dreiländereck) unterwegs ;-)

Benutzeravatar
Microwave
Beiträge: 1232
Registriert: Mo 2. Aug 2010, 22:31
Geschlecht: männlich
Wohnort: 8004 Zürich
Hat sich bedankt: 2727 Mal
Danksagung erhalten: 230 Mal

Re: FCST/NCST Gewitter 07.07.2014

Beitrag von Microwave »

WRF will die Scherung ausnützen und malt Zellen der gröberen Sorte in die betreffenden Gebiete...
Bild
Bild
Quelle: Janek-4km-WRF, sim. Reflectivity, shear für 15 & 18Z

Es fällt natürlich bleischwer, WRF keinen 100%igen Glauben zu schenken.. :-? :unschuldig:
Könnte auch einfach mal in Brugg AG bleiben und abwarten (Verlagere mich in Kürze von Riehen nach Brugg-Windisch)


Grüsse - Microwave
Successful corepunches during (GA) "chasing":
11, 6, 0
5, 0


Benutzeravatar
Marco (Hemishofen)
Beiträge: 1364
Registriert: So 23. Jun 2002, 18:15
Geschlecht: männlich
Wohnort: 8261 Hemishofen
Hat sich bedankt: 250 Mal
Danksagung erhalten: 546 Mal

Re: FCST/NCST Gewitter 07.07.2014

Beitrag von Marco (Hemishofen) »

Wirklich nicht einfach ... aktuell noch letzte SHRA im Glarnerland und im Süden ... in den übrigen Gebieten kommt jetzt trotz Bewölkung Strahlung durch und heizt die Suppe auf ...

Bild

... eine kleine Troposenanomalie schleicht sich Richtung Côte Azur ... denke die wird zusammen mit dem schwachen Jetstreak als zusätzlicher (Orographie ist immer) trigger wirken ...

Bild

... das setting heute Nachmittag für meinen Geschmack fantastisch (will nix heissen, hab beim letzten Mal nicht nur einen Stiefel sondern eine ganze Wathose voll Wasser rausgezogen) ...
die Labilität ist enorm hoch und im Gegensatz zu gestern ist die Luft auch im Osten grossflächig und grosszügig angefeuchtet ... die Scherung mit bereits jetzt sich andeutender Bise
in Bodennähe und Übergang zu Süd darüber beträchtlich ... was etwas fehlt ist die starke Einstrahlung, die braucht's aber vielleicht gar nicht unbedingt bei dem Dargebot an Labilität und Feuchte:

Bild
Bild
Zuletzt geändert von Marco (Hemishofen) am Mo 7. Jul 2014, 11:59, insgesamt 1-mal geändert.
Gruss Marco
-------_/)----

Michael (Dietikon)
Beiträge: 1071
Registriert: Mo 25. Feb 2002, 00:49
Geschlecht: männlich
Wohnort: 8953 Dietikon
Hat sich bedankt: 709 Mal
Danksagung erhalten: 468 Mal
Kontaktdaten:

Re: FCST/NCST Gewitter 07.07.2014

Beitrag von Michael (Dietikon) »

Ganz kurze Einschätzung der Lage von mir. Die CAPE-Werte sind heute eher moderat mit rund 1000 bis 1500 J/kg. Gemäss Modellen sind die höchsten Werte in den nördlichen Voralpen und in der NE-Schweiz zu erwarten. Die Modelle GFS und WRF lassen über der Schweiz gegen Abend ein Mesotief entstehen an dessen Ostflanke sehr hohe Helicitywerte auftreten sollen. Diese wären vor allem bodennah für unsere Verhältnisse sehr hoch und würden locker für die Entstehung von Superzellen ausreichen. Auch hier treten die höchsten Werte in der NE-Schweiz auf. Zuletzt liegen wir am Abend in einer günstigen vorderseitigen Position zum Frankreichtrog, so dass ausreichende Hebung als Trigger für die Zellen vorhanden sein sollte.

Alles in allem sind sämliche Zutaten für intensive Gewitter (Superzellen) insbesondere am Alpennordrand und in der Ostschweiz vorhanden. Sollte so eine entstehen, ist das ganze Programm möglich von grossem Hagel über Downbursts bis hin zu Tornados (aufgrund hoher low-level Helicity und tiefer LCLs). Nach Westen hin steigt hingegen die Gefahr von ergiebigen konvektiven Niederschlägen an der Kaltfront während das Superzellen- und Rüsselrisiko vorerst eher gering scheint (was Wasserhosen angeht, werden die Karten morgen neu gemischt). Allerdings stütze ich mich hier stark auf mesoskalige Modelldetails ab, die natürlich in einer ganz anderen Abfolge eintreten können und somit für völlig veränderte Bedingungen sorgen könnten.
Zuletzt geändert von Michael (Dietikon) am Mo 7. Jul 2014, 13:28, insgesamt 1-mal geändert.
Dietikon ZH 405 m ü. M.
www.meteoprime.ch

Benutzeravatar
Federwolke
Moderator
Beiträge: 8769
Registriert: Mo 20. Aug 2001, 23:47
Geschlecht: weiblich
Wohnort: 3074 Muri bei Bern
Hat sich bedankt: 1637 Mal
Danksagung erhalten: 7705 Mal
Kontaktdaten:

Re: FCST/NCST Gewitter 07.07.2014

Beitrag von Federwolke »

Wenn sogar ein Fuchs wie Jens Hoffmann vom DWD derart ins Grübeln kommt, dann sagt das alles über die aktuelle Lage:
Am Abend und in der Nacht zum Dienstag setzt mit Annäherung des Troganteils über
Frankreich Druckfall ein, so dass die Tiefdruckrinne über dem Vorhersageraum
regeneriert wird. Allerdings bekommt sie ein etwas anderes Aussehen, indem sich
über Süddeutschland zunächst eine flache zonale Rinne bildet, aus der dann ein
eigenständiges Tief erwächst, welches unter Intensivierung langsam nordwärts
zieht.
Die Krux liegt nun einerseits darin, dass Kontur und Position des Tiefs von den
Modellen nicht unisono simuliert werden, womit man aber noch einigermaßen leben
könnte. Gravierender sind da schon die Unterschiede in den Auswirkungen des
Tiefs, konkret, wo genau fällt wie viel Regen und welche Rolle spielen mögliche
Gewitter. C-EU sieht das Maximum in einem Steifen vom Ostschwarzwald bis nach
Westfalen (Spitzen von 60 bis 70mm/6h), GME bietet neben dem Schwarzwald einen
Streifen von Osthessen bis in den Süden SHs an, wobei die Mengen etwas geringer
sind als bei C-EU. Dieses Szenario setzt allerdings eine Aktivierung der
Luftmassengrenze voraus, verbleibt doch das Tief noch viel weiter südlich.

Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass also jedes Modell die Situation anders
berechnet, bleiben natürlich noch viele Fragen offen, was die Prognose nicht
gerade vereinfacht. Unter dem Strich lässt sich aber konstatieren, dass
deutliche Signale für Starkregenfälle in Süden gegeben sind, dass von Osten her
die Luftmasse wieder labilisiert wird und entsprechend starke, vielleicht sogar
schwere Gewitter (Unwetter) auftreten werden. Sowohl bei COSMO-DE (-EPS) als
auch bei WRF als auch bei EURO4 gibt es Hinweise auf eine mögliche organisierte
Struktur (vielleicht eine Superzelle, vielleicht sogar ein MCS), die sich aus
den Alpen heraus entwickelt und dann nordwärts zieht. Sollte das tatsächlich der
Fall sein, wären neben Starkregen auch schwerere Sturm oder gar Orkanböen und
Hagel möglich.

...

Einmal mehr wird mehr als deutlich, dass die Modelle gut und auch einigermaßen
kongruent die Basisfelder simulieren können, gleichzeitig aber erhebliche
Probleme haben, ein belastbares und für die Prognose wirklich nutzbares Bild der
daraus resultierenden Niederschlagsentwicklung zu zeichnen. Als Quintessenz
lässt sich auch mit Hilfe der EPS-Verfahren konstatieren, dass die stärksten
Regenfälle wahrscheinlich tangential auf der Nord- und Ostflanke um das
entstehende Tief herum auftreten werden. Wo genau das sein wird, wie intensiv
und ggf. mit Verstärkung von Gewittern - who knows?
Quelle: DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

Immer wieder erfrischender und ehrlicher Umgang mit Unsicherheiten - seit Jahren ein Vorbild!

Antworten