Es ist ein reichlich befremdliches Unterfangen, dass man sich Ende Dezember geradezu auf die Suche machen muss, um Winter zu finden und ihn dennoch an für Mitteleuropa im weiteren Verlauf entscheidenden Orten NICHT findet - noch nicht mal ansatzweise.
Nun, warum ist das so?
Leider greifen seit einigen Wochen, ja gar Monaten, die Rädchen der Wintermaschinerie perfekt ineinander - für Winter in Kanada und den USA.
Unentwegt flossen/fliessen sehr kalte Luftmassen (tlw. bis - 35°C in 850 hPa) in Richtung Nordostkanada, um im weiteren Verlauf die Zyklogenese auf dem offenen Atlantik auf Hochtouren zu bringen. Die Tiefdruckgebiete stellen sich in Reih und Glied auf und marschieren strikte Gewehr bei Fuss in Richtung Europa. Für steten Nachschub ist gesorgt, solange der westliche Atlantik mit Kaltluft geflutet wird und die Temperaturgegensätze aufrecht erhalten werden. Problematisch für Vollwetter bei uns ist hierbei jedoch das unglaublich druckresistente ost- und südosteuropäische Hochdruckgebiet, das sich seit dem 7. Dezember 2013 nicht verabschiedet hat. Die Tiefdruckgebiete aus dem Westen laufen allesamt an diesem Hochdruckgebiet auf und drehen vor Mitteleuropa gezwungenermassen nach Norden ab. Die mit dem Aufzug der Tiefdruckgebiete einhergehende kräftige Warmluftadvektion sorgt nun gleich selbst für die unglaubliche Erhaltungsneigung des Hochdruckgebiets, indem diese den Aufbau hohen Geopotenzials immer und immer wieder stützt/vorantreibt. Die aktuell sehr winterfeindliche Ausgangslage ist quasi zur selbstversorgenden Anti-Winter-Maschinerie verkommen.
Die bisweilen völlig festgefahrene, vertrackte Lage wie sie sich heute präsentiert.
Permanente Kaltluftflutung des westlichen Atlantiks = Tiefdruckbildung = aktiver Atlantik = Stützung des osteuropäischen Hochdruckgebiets = unmöglich für die Frontalzone endlich nach Osten hin durchzubrechen um die Karten neu zu mischen. Schauen wir einmal nach Nordostkanada, wo das Temperaturniveau derzeit und in der Prognose durchschnittlich bis unterkühlt ist.
Letztes Jahr gab es ein Major Warming (vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Sudden_str ... ic_warming), das den Polarvortex massiv gestört und in der Folge zu einer Strömungsumkehr geführt hat. Dieses Jahr ist der Polarvortex zum Leidwesen aller Vollwinterfans hingegen bilderbuchmässig aufgestellt.
Mittel- und längerfristig verliert der Polarvortex etwas an rundlicher Struktur, zudem zeichnet sich auf der asiatischen Seite der Nordhemisphäre ein Minor Warming ab. Dieses hat jedoch keinen Einfluss auf die Stabilität des Polarvortex und führt auch nicht zu einer Strömungsumkehr.
"Minor warmings are similar to major warmings however they are less dramatic, the westerly winds are slowed, however do not reverse. Therefore a breakdown of the vortex is never observed."
Der AO-Index (Arktische Oszillation) verdeutlicht das zu erwartende Szenario. Die Westdrift dürfte, korrespondierend mit der leichten Abschwächung des Polarvortex, nach den Festtagen und in der Altjahreswoche allmählich etwas an Kraft verlieren, jedoch zu keinem Zeitpunkt versiegen.
Quelle: http://www.cpc.ncep.noaa.gov/products/p ... x/ao.shtml
Werfen wir zuguterletzt einen Blick nach Russland, wo unser Winter zumeist herkommt.
Wir sehen also, dass es nicht mal in Nordrussland, Bereich Nördliche Dwina/Weisses Meer, auch nur ansatzweise einwintert. Von daher muss man davon ausgehen, dass der Winter 2014 bei uns in mitteleuropäischen Gefilden bis auf Weiteres aussetzt, freilich ist diese Aussage auf die dominierenden Grosswetterlagen bezogen. Lokale winterliche Events wie Nachtfröste, Schnee < 1'000 m und Reifbildung durch Nebel können natürlich jederzeit vorkommen, dies jedoch erweckt bei mir nicht den Eindruck echten Winters.
Beste Grüsse und trotzdem frohe Festtage an alle.
Rontaler