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April 07 und April 09; Analyse und Vergleich

Alles zu (Un)wetter relevant für die Schweiz
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Tinu (Männedorf)
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April 07 und April 09; Analyse und Vergleich

Beitrag von Tinu (Männedorf) »

Hoi zäme

Erneut war der April in diesem Jahr verbreitet zu trocken und zu warm. Vergleiche zum extrem warmen und trockenen April 2007 tun sich auf. Aber sind die beiden Monate tatsächlich miteinander vergleichbar? Wo gibt es Gemeinsamkeiten, wo Unterschiede?

1. Teil:

Niederschlag und Temperatur

Der langjährige Durchschnittswert liegt im April hier an der Zürichsee-Goldküste bei rund 100 mm. Im April 2007 fiel an der Wetterstation Stäfa insgesamt 24,6 mm Regen. Diese Menge verteilte sich auf 4 Tage, wobei vom 5. bis und mit 26. April kein Niederschlag verzeichnet wurde (22 Tage).
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Im April 2009 fiel an der Wetterstation Stäfa insgesamt 35,6 mm Regen. Diese Menge verteilte sich auf 8 Tage. Die längste Trockenphase dauerte vom 8. bis und mit 15. April (8 Tage)
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Das Temperaturniveau war im April 2007 wesentlich höher als im April 2009. Der Monat endete 2007 mit einer Durchschnittstemperatur von 14,6 °C, der April 2009 kam auf 12,7 °C. Beides ist deutlich zu warm im Vergleich zum langjährigen Mittel, das bei 8,1°C liegt.

Bezüglich Trockenheit und Temperatur bewegten sich beide Monate also in einem ähnlichen Rahmen. Allerdings waren Wärme und Trockenheit im April 2007 insgesamt ausgeprägter. Der April 2009 brachte Niederschlag in kürzeren Abständen und die Temperaturen bewegten sich auf einem moderateren Niveau. Soweit zur Analyse der regional-spezifischen Daten der Wetterstation Stäfa.

Wenden wir uns nun dem Kartenvergleich und den jeweiligen Grosswetterlagen zu.

Zuerst möchte ich den Verlauf im April 2007 darstellen. Zu Beginn des Monats lag der Alpenraum an der Südostflanke eines Hochdruckgebiets über dem Atlantik in einer relativ kühlen nordöstlichen Höhenströmung. Dadurch kam es bis zum 4. des Monats in meiner Region zu mässigen Niederschlägen, was sich an den oben geposteten Niederschlagsverläufen der Station Stäfa wiederspiegelt.
Grosswetterlage am 3. April 2007:
Bild

In der Folge wanderte das Hochdruckgebiet vom Atlantik her südwärts und etablierte sich über den britischen Inseln.
Grosswetterlage am 7. April 2007:
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An der Hochdruckdominanz über Mitteleuropa änderte sich dann im Prinzip bis Ende des Monats nichts mehr. Zur Monatsmitte wanderte das Hoch ostwärts und etablierte sich mit seinem Kern sogar über Norddeutschland (Omega-Lage).
Grosswetterlage am 15. April 2007:
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Diese Omega-Lage regenerierte sich in der Folge bis zum Monatsende relativ beständig, so wie man es von dieser hartnäckigen Wetterlage nur allzugut kennt. Erst gegen Ende des Monats verschob sich das Hoch mit seinem Kern langsam nordwärts; die Druckverteilung über dem Alpenraum verflachte sich und aus Südwesten sickerte feuchtere Luft ein, was sich schliesslich am 30. April in der Zürichseeregion in Form von Schauern und Gewitter ausdrückte, die der Trockenheit ein Ende bereiteten.
Grosswetterlage am 30. April 2007:
Bild

Fazit: Der April 2007 war fast durchwegs geprägt von hartnäckigen Hochdrucklagen über Mittel- und Westeuropa, die wiederum als Verursacher der aussergewöhnlichen Wärme und Trockenheit angesehen werden können.

Ende Teil 1
Tinu (Männedorf ZH, 422 m ü. M)
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Tinu (Männedorf)
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April 07 und April 09; Analyse und Vergleich

Beitrag von Tinu (Männedorf) »

Teil 2

Sehen wir uns nun den April 2009 im gröberen Raster an:

Zu Beginn des Monats lag der Alpenraum im meteorologischen "Niemandsland". Ein Langwellentrog über Westeuropa hatte gerade in den Mittelmeerraum abgetropft und Mitteleuropa lag unter Hochdruckeinfluss.
Grosswetterlage am 1. April 2009:
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In der Folge wiederholte sich dieses Spiel im Grossen und Ganzen. Zum 8. des Monats hin tropfte erneut der Langwellentrog über Westeuropa ins Mittelmeer ab, wodurch die Alpensüdseite Regen, die Alpennordseite jedoch eher weniger Niederschlag erhielt und eher vom Föhn beeinflusst war.
Grosswetterlage am 8. April 2009.
Bild

Zu einer Neuauflage dieses Abtropf-Prozesses kam es in der Folge auf den 11. des Monats:
Grosswetterlage am 11. April 2009.
Bild

Erst um die Monatsmitte begann sich allmählich ein leicht abweichendes Muster aufzuzeigen. Am 14. des Monats entwickelte sich erneut ein Langwellentrog über dem westlichen Europa.
Grosswetterlage am 14. April 2009:
Bild

Auch dieser Trog schnürte sich in der Folge vom Atlantik ab und wanderte auf den Kontinent. Allerdings kam es nicht wie in den vorhergehenden Fällen zur Bildung eines klassischen Mittelmeer-Höhentiefs. Vielmehr "quetschte" sich der Höhentrog bananenförmig unter dem schwachen Hochdruckgebiet über dem Nordatlantik durch. Die mit dieser Entwicklung einher gehende Tiefdruckrinne sorgte vor allem auf der Alpensüdseite und dann auch im Westen Deutschlands für teils kräftige, konvektiv durchsetzte Niederschläge, während die Nord-Schweiz davon aber grösstenteils ausgespart blieb.
Grosswetterlage am 18. April 2009:
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In der Folge kam das Wettergeschehen über Mitteleuropa zumindest atmosphären-dynamisch wieder zum Erliegen. Der Alpenraum lag wieder im "Niemandsland", mitten in einer wenig ausgeprägten Hochdrucksuppe.
Grosswetterlage am 21. April 2009:
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Erstmals (sanft) durchbrochen wurde dieser Zustand dann am 23. des Monats, als ein Kaltlufttropfen von der Ostee her gegen den Alpenraum vorstiess. Der Tropfen sorgte jedoch am 23. selbst nicht für nennenswerte Niederschläge.
Grosswetterlage am 23. April 2009:
Bild

Erst am 24. April wurde der Kaltlufttropfen über der Schweiz für eine breitere Masse als wetterbestimmender Faktor ersichtlich. Zwar war der Tropf mittlerweile bereits in Auflösung begriffen, die Kombination aus kalter, labiler Höhenluft und Sonneneinstrahlung führte jedoch relativ verbreitet zur Bildung von teils kräftigen Schauern und Gewittern.
Grosswetterlage am 24. April 2009:
Bild

Auf den 27./28. des Monats hin kam es schliesslich erneut zur Herausbildung und Abschnürung eines Höhentrogs. Wie bereits am 14. April erfolgte dieser Prozess aber über Frankreich und nicht wie bei den Abtropf-Vorgängen zur Beginn des Monats direkt in den Mittelmeerraum. Diesmal schob sich der Höhentrog noch stärker nach Osten, sodass die damit einher gehende Kaltfront schlussendlich die gesamte Schweiz erfassen konnte und es flächendeckend zu Niederschlag kam.
Grosswetterlage am 28. April 2009:
Bild

Bilanz

Was also ist das Fazit aus diesem Vergleich? Obwohl der April 2009 punkto Trockenheit und Wärme an den April 2007 herankommt, kann man die beiden Monate bezüglich der Wetterlagen, welche dieses Resultat hervorriefen, nicht miteinander vergleichen. Der April 2007 war ein extrem hochdruck-dominierter Monat. Der April 2009 hingegen war bezogen auf die Grosswetterlagen ein Monat, in dem das Wetter überwiegend tiefdruckbestimmt war. Das mag zwar für viele seltsam klingen, weil Tiefdruck fälschlicherweise oft mit Regen assoziiert wird. Im Falle des zurückliegenden Monats hat speziell die Alpennordseite aber aufgrund der Position und Entwicklung der Tiefdruckgebiete schlichtweg "pech" gehabt; entweder lag man zu weit nördlich oder zu weit südlich, zu weit östlich oder zu weit westlich.

Man darf also die blanken Niederschlags- und Temperaturwerte von April 2007 und April 2009 durchaus miteinander vergleichen. Allerdings haben sich die Gemeinsamkeiten damit auch schon erschöpft. Bezogen auf die Wetterlagen handelte es sich um zwei höchst ungleiche Brüder...
Zuletzt geändert von Tinu (Männedorf) am Mo 4. Mai 2009, 14:06, insgesamt 2-mal geändert.
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crosley
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Re: April 07 und April 09; Analyse und Vergleich

Beitrag von crosley »

Hoi Tinu!

Sehr spannender Vergleich und verständlich zu lesen! Danke für die Arbeit die Du damit hattest! :up: :up: :up:

Grüsse Crosley

PS: Gab es eigentlich in den letzten Jahren einen April, mit ähnlicher Grosswetterlagen, wie der 2009er?
Die dominanten bzw. langanhaltenden Ostwindlagen, bleibt mir sicher von diesem April in Erinnerung.... Gewitter von Rechts sind doof... :unschuldig:
Zuletzt geändert von crosley am Mo 4. Mai 2009, 14:55, insgesamt 1-mal geändert.

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Tinu (Männedorf)
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Re: April 07 und April 09; Analyse und Vergleich

Beitrag von Tinu (Männedorf) »

Crosley hat geschrieben:PS: Gab es eigentlich in den letzten Jahren einen April, mit ähnlicher Grosswetterlagen, wie der 2009er?
Die dominanten bzw. langanhaltenden Ostwindlagen, bleibt mir sicher von diesem April in Erinnerung.... Gewitter von Rechts sind doof... :unschuldig:
Das weiss ich auch nicht. Um das herauszufinden, müsste man die ganzen Aprils der letzten Jahre mal miteinander vergleichen. Ich finde "Gewitter von Rechts" übrigens toll. Das sind speziell bei uns im Osten häufig die saisonal heftigsten Gewitter (zumindest bezogen auf den Niederschlag).
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