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07.-09.01.2018: Föhnsturm, Starkschneefälle und Gewitter

Verfasst: Mo 8. Jan 2018, 08:31
von Willi
Die aktuelle Föhnlage ist, nebst anderem, durch ein langandauerndes Föhnfenster am östlichen Alpenrand geprägt. Die Wolkenbildung und die Luftströmung im Fensterbereich sind vielfältig und spannend.

Gruss Willi

Föhnfenster heute morgen. Von Osten her drückt die "Albisschlange", mehr dazu später.
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Re: Föhn 07./08.01.2018

Verfasst: Mo 8. Jan 2018, 19:56
von Kaiko (Döttingen)
Hoi zäme

Der Guggiföhn am Lauberhorn wehte heute morgen mit maximum 174km/h.
https://kachelmannwetter.com/ch/messwer ... 0800z.html

Am Abend neuer Höchstwert mit 185km/h.
https://kachelmannwetter.com/ch/messwer ... 2000z.html

Mit der südöstlichen Anströmung auch gewaltige Schneemassen im Simplongebiet!
Teilweise ist schon über 1Meter Schnee in 24 Stunden gefallen.
Lawinengefahr dementsrechend sehr hoch: https://www.slf.ch/

Eine noch nicht zugeschneite Webkamera am Simplonpass:
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Morgen früh wird das Geländer nicht mehr zu sehen sein :?:

https://meteo-oberwallis.ch/category/simplonpass/

Gruss Kaiko

Re: Föhn 07./08.01.2018

Verfasst: Mo 8. Jan 2018, 21:03
von Matt (8800 Thalwil)
Guten Abend

Ich habe heute Nachmittag eine kleine naturkundliche Exkursion ins Tössbergland unternommen. Ich wollte sehen, wieviel Schnee noch liegt und vor allem wieviel Schaden der Sturm Burglind angerichtet hatte. Von Hintergoldingen ging es hoch und über mehrere Grate bis zum höchsten Zürcher Berg (sic!), dem Schnebelhorn. Gleich vorneweg: Es wurde kein Katastrophentourismus, unterwegs sah ich gerade mal ein Dutzend umgewehter Bäume. Mir fiel heute zum ersten Mal auf, dass in dieser Gegend praktisch alle exponierten Lagen von Buchen besetzt sind. Und meist von äusserst robusten Exemplaren - massiver Stamm und kleine Krone. In den geschlossenen Wäldern dominieren hingegen Fichte und Tanne. Wirklich auffallend waren heute jedoch die milde Föhnluft und die gewaltigen Schneeverwehungen.

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Goldingertal mit Blick Richtung Schwyzer Alpen. Unten feuchte Grundschicht - oben Trübung durch Saharastaub

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Gratwanderung beim Schindelberg, links unten das Quellgebiet der Töss

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Grat mit Südwestexposition

Unterwegs hatte ich die Kamera mal zurückgelassen (roter Marker auf Karte) um einen Zeitraffer von den letzten Nebelschwaden zu machen. Der Blick geht in den Talkessel von Libingen, welcher von drei Seiten abgeschlossen ist. Von rechts (Süden) bläst der Föhn über die Hügel und dürfte sich mit der kalten, schweren Nebelluft turbulent vermischen. Die Nebelluft schwingt im Talkessel und brandet an die Hügelflanken.

https://vimeo.com/250161204
Ich habe den Kontrast im Video erhöht, um den Nebel herauszuheben.

Ich war schon am 17. Dezember in dieser Gegend (http://www.sturmforum.ch/viewtopic.php? ... 50#p192895). Seit dem grossen Schneefall ist schon eine Weile vergangen, doch besonders jetzt, wo die exponierten Stellen langsam ausapern, zeigen sich die grossen Akkumulationen in Mulden und entlang der Grate. Dort wird der Schnee noch bis ans Ende des Winters überdauern.

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Schneewechten auf der Nordostseite des Grats, beachte den Verlauf des Zauns

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Schneeverwehung auf ca. 1000 m. ü. M. (Skistock misst etwa 130 cm)

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Schneerutsch mit Stauchung, Feldweg zum Haus ist komplett mit Betonschnee überschoben

Gruess, Matt

Re: Föhn 07./08.01.2018

Verfasst: Mo 8. Jan 2018, 21:12
von Joachim
Hoi zäme

Eine irgendwei kuriose Südostföhnlage ... hier die max. Böen von heute (ab 100 km/h)...mit max. Böen am Chuenisbärgli (die hatten gestern noch Glück beim SL) udn in Engelberg

Guetsch/Andermatt UR 2282 2018-01-08 14:00:00 146.3
Ebenalp AI 1640 2018-01-08 09:00:00 142.6
Chuenisbaergli-Start BE 1730 2018-01-08 19:00:00 137
Kleines Matterhorn VS 3873 2018-01-08 11:00:00 135.2
Titlis OW 3040 2018-01-08 19:00:00 127.8
Schwaegalp AR 1350 2018-01-08 03:00:00 122.2
Grand St. Bernard VS 2472 2018-01-08 19:00:00 122.2
Etzlihuette SAC UR 2063 2018-01-08 13:00:00 118.5
Bruelisau-Kastenbahn AI 925 2018-01-08 03:00:00 116.7
Jungfraujoch BE 3580 2018-01-08 12:00:00 116.7
Chuenisbaergli-Mitte BE 1450 2018-01-08 19:00:00 116.7
Les Diablerets VD 2966 2018-01-08 11:00:00 114.8
Piz Martegnas GR 2670 2018-01-08 16:00:00 114.8
Diavolezza GR 2979 2018-01-08 08:00:00 111.1
Oeschinensee BE 1682 2018-01-08 19:00:00 111.1
Raeterichsbodensee BE 1774 2018-01-08 14:00:00 109.3
Mittelallalin VS 3500 2018-01-08 10:00:00 107.4
Pilatus LU 2106 2018-01-08 10:00:00 100
Saentis AI 2490 2018-01-08 10:00:00 100
Engelberg OW 1035 2018-01-08 19:00:00 100

und Nschlag fast auschliesslich im VS:

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Balzers/FL übrigens 18.3, Flüelen/UR 17.7 Grad

Grüsslis

Joachim

Re: Föhn 07./08.01.2018

Verfasst: Mo 8. Jan 2018, 22:26
von pharmazeut
In Adelboden seit Mittag heftiger und anhaltender Föhn.
Max. Böe 83.9 km/h (20h). Gefühlsmässig vor Ort heftiger als Burglind. (s.a. Böenspitzen Chuenisbergli im obigen Post von Joachim)
In dieser Intensität und Dauer bei SüdOst -Lagen hier unten im Tal äusserst ungewohnt. Erinnert viel mehr an die "bekannten" West-Stürme (wo topografisch nach dem Jura die ersten richtig hohen Berge erst ab hier in die Höhe ragen)

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Quelle: meteoradar

Re: Föhn 07./08.01.2018

Verfasst: Mo 8. Jan 2018, 23:38
von Stephan
Der Föhn schlägt auch in den Kaltluftseen des Alpsteins voll durch. Den noch kurzen Erfahrung mit Messungen nach war Hintergräppelen im Obertoggenburg gegenüber dem Sämtisersee (aus Sicht des Kälteliebhabers) einigermassen privilegiert (vgl. auch https://kaltluftseen.ch/2017/03/13/der- ... mtisersee/). Davon ist in diesem Fall nicht viel zu spüren, die Temperatur in Hintergräppelen präsentiert sich ganz und gar unwinterlich. Dem Feuchteverlauf nach zu schliessen ist der Föhn am Samstag Vormittag ein erstes Mal durchgebrochen und weht seit Sonntag Nacht konstant:

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Re: Föhn 07./08.01.2018

Verfasst: Di 9. Jan 2018, 01:24
von Federwolke
Wirklich eine interessante Verteilung der Windmaxima. Ausser den Stationen, die nur bei Südwestföhn reagieren, ist alles mehr oder weniger angesprungen heute. Kurz vor Mitternacht hat der Föhn vor allem in den zentralen Landesteilen noch mal richtig Rabatz gemacht, wobei Brienz mit jedem 10-Min-Wert noch steigt:

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In rund 3000 m erreicht der Wind jetzt den Höhepunkt:

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Bei dieser Darstellung wird auch klar, weshalb sowohl die Südostföhntäler (Wallis, Berner Oberland, sogar Chateaux-d'Oex - ist mir noch gar nie aufgefallen, dass dort der Föhn durchbrechen kann) wie auch die klassischen Südföhntäler in der Zentral- und Ostschweiz die volle Breitseite bekommen: Das Tief beult in mittleren Lagen nördlich der Alpen nach Osten aus, wodurch sich die Strömung auffächert. Was in Gipfellagen wie z.B. am Pilatus, der mitten in der Divergenz liegt, windabschwächend wirkt, wird weiter unten durch die Kanalisation in den Tälern wettgemacht.

Re: Föhn 07.-09.01.2018

Verfasst: Di 9. Jan 2018, 08:24
von Willi
Auch heute morgen schönes Föhnfenster offen. Im Tessin wurde es elektrisch, der Amboss des zugehörigen konvektiven Systems reicht über die Alpen hinweg nordwärts und ist auf der Foto gut erkennbar.

Gruss Willi

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Quelle: metradar.ch
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Re: Föhn 07.-09.01.2018

Verfasst: Di 9. Jan 2018, 11:16
von Federwolke
Um die Kuriositätenliste dieser Wetterlage weiterzuführen (Werte nach 00:50 MEZ, also in obiger Karte nicht enthalten):

Château d'Oex: 81.7 km/h
Schüpfheim: 120.2 (neuer Stationsrekord? - steht ja noch nicht lange)
Giswil: 96.8
... womit dann auch noch die typischen SW-Föhn-Stationen bedient wurden.

Auch hier in Muri hat der "Föhn" um 03:00 mal gerüttelt. Föhn in Anführungszeichen, weil es natürlich keine typisch trockene Föhnluft mehr war, die hier unten ankam. Erklären lässt sich dieser Windstoss mit einer konvektiv durchsetzten Welle, welche um diese Zeit den Alpenhauptkamm überquert hatte. Da kam zum Föhn offenbar noch zusätzlicher Impuls bis zum Boden durch. Ob klassische Böenfront oder durch das Absacken von kalter Luft durch die Verdunstungskälte in der trockenen Föhnluft (Niederschlag kam ja nicht viel unten an, verglichen mit den Radarechos), muss wohl offen bleiben.

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Quelle: metradar 3D-Archiv (kostenpflichtig)

Re: Föhn 07.-09.01.2018

Verfasst: Di 9. Jan 2018, 11:36
von Silas
Danke Fabienne

Schüpfheim im Entlebuch, Stationshöhe 745 m.ü.M., möchte ich ebenfalls herausgreifen:
Dort wurde gemäss Meteocentrale Hitliste während der Nacht eine Orkanböe von 120 km/h registriert! Die erste Nachthälfte war auch in den Berner Voralpen ziemlich ruppig, ehe sich der Föhn (vorübergehend?) legte.

Gruss Silas