Severestorms hat geschrieben:Cyrill hat geschrieben:
Wenn dies am Mittwochmorgen (noch bei diesen hohen Meerestemperaturen!) im Bereich der Algarve und entlang der östlichen Küste bis nach Gibraltar, bzw. an der nordafrikanischen Küste nicht zu mehreren Wasserhosen (à la Kroatien..), oder sogar zu Tornados kommt.....
Hallo Cyrill
Danke für deine Forecast-Analysen!
Wahrscheinlich wolltest du auf die Möglichkeit superzellularer Tornados (Tornados vom Typ I) hinweisen.
Gruss,
Chris
Hoi Chris, hoi zäme
Der ursprüngliche Threadtitel umfasste vom 01.11.14 - 06.11.14 die seit Beginn an sich entwickelnde Episode des massiven Kaltluftausbruchs, d.h. von der "Geburt", bzw. der Ausbildung eines noch normalen Kurzwellen-Troges über Island, der am 05./06.11.14 einen Kaltlufttropfen über dem zentralen, südlichen Mittelmeer, an der nordafrikanischen Küste abspalten lässt; so die GFS-Prognose anhand der Karten it (=run) + 72 h (01.11.14), sowie it + 192 h (05.11.14), jeweils vt 12z gerechnet.
Für diese etwas erweiterte Mittelfrist, finde ich, war GFS wirklich sehr gut drin; vielleicht in Anbetracht des nur sehr langsam nach Osten durchschwenkenden Troges und der längere Zeit fast geostationär sich verhaltenden Trogachse, vermochte der Grossrechner vermutlich die Daten viel besser zu verarbeiten und die Interpolation der bestehenden Werte auf die künftige Situation gelang exakter und feinmaschiger:
So waren die vorhergesagten Niederschlagsmengen gut errechnet worden (in den meisten Gebieten z.B. in Italien) und im Gegensatz zu November 2011 z.B. gab es meines Wissens keine Verletzten und keine Toten. Wie ich gestern im Fernsehen gesehen habe, wurden in Rom rechtzeitig die sinnvollsten Massnahmen ergriffen. Schulen, Museen, viele öffentliche Gebäude wurden geschlossen, teilweise U-Bahnen abgeriegelt, die Bevölkerung informiert und die Rettungs- und Hilfskräfte bereits aufgeboten. Vorbildlich, Bravo Italia! Schäden kann man bei diesen Gewalten nicht verhindern, aber man kann sinnvoll einen Beitrag leisten sie zu minimieren.
Der Threadtitel wurde später auf die Periode der zu erwartenden, höchsten Wetteraktivität innerhalb der Episode angepasst, vom 04.-07.11.2014, was sinnvoll erscheint. Dennoch gab es bereits über 24 Stunden vor meiner Prognose von Tornados solche, die sich am 02. / 03.11.14 bei der Iberischen Halbinsel bildeten. Heute am 08.11.14 geht es scheinbar noch weiter (einfach im östlichen Mittelmeer). Womit ich beim Studium der Karten am 29.10.14 und in den folgenden Tagen nicht gerechnet hatte, war die erstaunlich hohe Anzahl von Tornados innerhalb dieses Events! Am 02.11.14 gab es einen Tornado in Spanien. Zwischen dem 03.11.14 und dem 05.11.14 innerhalb von drei Tagen weit über 20, wobei man die libanesischen, israelischen und türkischen nicht rechnen darf. Verbleiben also rd. 14 Tornados, sowie ab dem 06.11.14 bis heute weitere 6 Tornados (= 20 Total), die allesamt vom ESWD zudem noch einen QC01 oder QC02-Status erhalten haben, also bestätigt und verifiziert sind. Das gab es hier in Mitteleuropa nach meiner Einschätzung noch nie; und wenn man noch die Dunkelziffer der Tornados sich vorstellt, die nicht gesehen und fotografiert wurden...... Leider konnte ich aufgrund meines Gesundheitszustandes nicht chasen gehen....schade.....
02.11.14 - 05.11.14
06.11.14 - 08.11.14
Quelle:
http://essl.org/cgi-bin/eswd/eswd.cgi
Ich habe es mir aber konkret überlegt trotzdem zu chasen (einfach nicht alleine) und deshalb am 01.11.14 und am Montag 03.11.14 mit Phillippe Zimmerwald und Christian (Schlieren) telefoniert, um mit ihnen mitzugehen. Die Vernunft aber......na ja. Umso ärgerlicher, weil ich am Telefon aufgrund meines Kartenstudiums und er Erfahrung in dieser Gegend meinte, dass ich vorerst nicht nach Genua, sondern direkt nach Ventimiglia fahren würde, um mich dort zu positionieren und je nach Entwicklung mich ein wenig in Richtung Menton/Cannes, oder östlicher San Remo etc. dann spontan und der Situation angepasst verschieben würde....... Zudem sagte ich, als sie meinten, sie würden mehrere Tage und notfalls bis nach Rom fahren, zu Phillippe, dann hätten sie allenfalls sogar die Möglichkeit einen "Medicane" zu erleben, so wie ich die Entwicklung einschätzte, da der KLT ja plötzlich vom Muttertrog abgespalten keinen Nachschub an Kaltluft mehr erhielt und trotzdem als eigenständiges Höhentief (sich an ein kräftiges Bodentief im Bereich Sizilien tastend) weiter lebte; im Warmsektor durch den erwähnten Feuchteeinschub durch den Scirocco unterstützt und in der Vertikalen sich verstärkend. So sah ich dies bei grober Übersicht und Phillippe sah dies ebenso und äusserste sich konkret in der Vermutung, (Zitat) "dass man möglicherweise sehr deutlich dann ein "Auge" in der Mitte dieses Medicane sehen kann". Volltreffer, wenn man diese Bilder oben vom Medicane sich anschaut! Es ist vermutlich das seltenste Wetterphänomen auf unserem Kontinent (der letzte war 2011) und kommt hier im Durchschnitt rd. alle 10 Jahre vor.
Eine der schönsten Waserhosen (mehrere) am Morgen des 06.11.14 etwas östlich von San Remo (ligurische Küste; rd. 12-15 km Distanz zu Ventimiglia):
Quelle:
http://liguriainside.it/labbraccio-colo ... -novembre/
Eine dann bei San Remo (06.11.14):
https://www.youtube.com/watch?v=isg64CJRhlE
Die Wasserhose vom 04.11.14 an der portugiesischen Küste sieht auch toll aus:
https://www.youtube.com/watch?v=hIdhPOxftkQ
Auch diese Aufnahme am 05.11.14 in Catania (Sizilien) ist sehr eindrücklich. Doch hier handelt es sich um einen superzellularen Tornado (Typ I), (siehe Text in zitiertem Kasten oben):
https://www.youtube.com/watch?v=lXWwJ96EREI
Sie entstand offenbar um 10: 20 MEZ (09:20 UTC). Ich habe mir am 03.11.14 leider nur die vt. 06 UTC-Karten (it + 48 h) heruntergeladen, da ich eher die Morgenstunden fokussierte. Hier also die Prognosekarten vom GFS-gestützten Lightning-Wizard (Superzellen- und Tornadoparameter), wobei Sizilien eher am nördlichen Rand der eingezeichneten Gefahrenzonen liegt.......
Der Thompson-Index verrät nach meiner Interpretation anhand der Niederschlagsverteilung, - Intensität und -Signatur eine Art Staulage in Küstennähe der Insel (orografisch unterstützte Hebung)......
.....und in den Theta-E-Werten ist nach meiner Interpretation dieser oben erwähnte Scirocco (Streamlines) erkennbar, dieser heisse Wüstenwind, der sich über dem südlichen Mittelmeer mit Feuchtigkeit vollsaugt, nach Norden (NNW) strömt und dann in Kombination mit absinkender Luft (KLT), zyklonaler Rotation (Bodentief) ein eigenständiges System bilden kann, das von Süden kräftig "gefüttert" wird.
Die konvektive Energie jedenfalls (und dies zu dieser Tageszeit) kräftig - entlang de Küste - (schwarze Pfeile) und der LCL doch anständig tief (wie dies ja auch im Video erkennbar ist):
Und wie oft in Italien, gehen die Leute schauen, dicht an die Aussenfenster, wenn ein Tornado gerade mal wenige Meter vor der Nase durch den Vorgarten oder den Firmenparkplatz rauscht! Ja nichts verpassen! Sempre dabei sein, selbst wenns soeben das Dach des eigenen und das des Nachbarhauses in Stücke gerissen hat
Dies ist der selbe Catania-Tornado, der im obigen Fiolm mit der ruhigen Musik etwas unspektakulärer wirkt:
http://www.youreporter.it/video_Tromba_d_aria_a_Catania
Nur rd. eine Stunde später fegt ein F1-Tornado über Acireale (Sizilien) und richtet schwere Schäden an (05.11.14):
https://www.youtube.com/watch?v=5uwZnV4p-s0
Diese Tornado-Zone lag aber zu dieser Zeit weit weg von einem Right-Entrance-, oder einem Left-Exit-Bereich eines 300 hPa-Höhenjets mit mind. 220 km/h oder mehr. Ich vermute eher, dass der nach Nordnordost auslaufende, starke Ast des Polarjets (der sich dem Trogrand entlang bewegt) mit dem Subtropenjet interagierte, die Zone also zwischen den beiden Jets zu liegen kam, genau über Sizilien (Der Subtropenjet ist unten rechts im Bild zu sehen). Karte WRF 13 km, init 03.11.14, 03z, vt 05.11.14 09z:
Da die Tropopause im Bereich der Hadley-Zelle naturgemäss höher liegt, als bei der Ferrel-Zelle (und entsprechend auch der Subtropenjet), wäre in einem solchen Moment, im Bereich der Tornadozone in Sizilien, eine vertikale Ansicht der Troposhäre interessant, worin sich die beiden Starkwindbänder am oberen Rand auf verschiedenen Niveaus bewegen und durch ihre unterschiedliche Geschwindigkeit erhebliche Vorticitypotenzial besitzen, u.a. zur Verstärkung von Hebungszonen. Bleibt mal eine Vermutung, die noch ganz plausibel klingt...
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Am 06.11.14 gab es aber auch noch einen "Klassiker" eines nicht-superzellularen Tornados, der ja beinahe "funktionierte" wie ein Schweizer Uhrwerk. Zwar müssen verschiedene Bedingungen für die Entstehung solcher Tornados, bzw. Wasserhosen erfüllt sein, doch in vielen Fällen bilden sie sich exakt auf der Trogachse, die gerade, oder gekrümmt eine Art Falllinie (Thalweg) für die polare Kaltluft bietet und in der Regel in der Mitte zwischen den beiden Ästen des die Rossby-Welle bildenden, mäandrierenden Starkwindbandes auf 300 hPa sich befindet. Je ausgreifender und spitzer der Trog und je kürzer und symmetrischer die Wellen, desto grösser sind (auch auf Binnengewässern) die Chancen für solche Wetterphänomene.
WRF 13 km, init. 03.11.14, 03z, vt. 06.11.14, 06z:
Ich habe die Trogachse als blaue Linie eingezeichnet, sowie den Küstenbereich in Südfrankreich als blaues Viereck, wo dann um 07 30 MEZ (= 06 30 z) das folgende Bild eines aufmerksamen Fotografen in Monaco entstand:
Quelle:
https://fbcdn-sphotos-c-a.akamaihd.net/ ... 5382_o.png
@ Andreas Winterthur und Joachim: Danke für die Medicane-Bilder!
Gruss Cyrill
Hier noch ein aktueller Nachtrag: In der Nacht vom 07.11.14 auf den 08.11.14 bildete sich bei Sizilien erneut eine Wasserhose, die im Licht der Blitze zu sehen war:
Quelle:
http://www.centrometeoitaliano.it/torna ... fresh_cens
Der "Medicane", oder besser gesagt der TLC (Tropical like cyclone) ist im Artikel auch erwähnt.