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Analyse der Hitzesommers 2003

Grundlagen und Expertenwissen.
Michael (Dietikon)
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Analyse der Hitzesommers 2003

Beitrag von Michael (Dietikon) »

Hallo zusammen,

Da in letzter Zeit häufig über den kommenden Sommer 2005 diskutiert wird und einige sogar einen erneuten Hitzesommer ankündigen, habe ich mir gedacht, eine detaillierte Analyse über den Sommer 2003 zu verfassen.

Synoptische Analyse

Alle Sommermonate waren 2003 zu warm, allerdings fielen vor allem der Juni und August extrem warm aus. Im Juli verschob sich der Hitzepol kurzfristig nach Skandinavien. Die Hitze hing mit deutlich zu hohem Geopotential über Zentraleuropa zusammen. Diese ausserordentliche Geopotentialanomalie bildete sich bereits im April aus und schwächte sich erst im September langsam ab. Im Oktober stellte sich dann die planetare Zirkulation deutlich um. Die Temperaturen lagen über Mitteleuropa zwischen April und Oktober ca. 2.5°C über dem Mittel. Durch anhaltend trockene Witterung resultierte in dieser Zeitspanne ein Niederschlagsdefizit von 75 bis 125 mm. Beachtlich war ausserdem, dass in diesen 5 Monaten kaum ein Kaltfrontdurchgang stattfand. Mir war in den Wettermodellen aufgefallen, dass den Hitzephasen häufig ein kräftiger Warmluftvorstoss bei Neufundland vorausging. Weiter fiel mir verstärkte zyklogenetischer Aktivität westlich von Portugal auf, welche von den Modellen oft recht spät erfasst wurde. Im Zeitraum zwischen April und September waren über Mitteleuropa zudem häufig Omegalagen zu beobachten. Von einer Omegalage spricht man, wenn ein Höhenrücken so stark amplifiziert, dass sich ein Gebiet mit erhöhtem Geopotential ablöst. Solche Lagen sind sehr stabil. Da sich diese Gebiete mit erhöhten Geopotential nur langsam verlagern, spricht man auch von blockierenden Hochs.

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An der Station Rennes in NW-Frankreich zeigt sich, dass es zwischen April und September kaum Kaltfrontdurchgänge gab. Die Temperatur lagen häufig 5°C bis 7°C über dem Mittel.

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East Atlantic Pattern (EA)

Über dem Nordatlantik war das Geopotential niedriger als im klimatologischen Mittel. Die negative Geopotentialanomalie lag etwa zwischen Neufundland und Irland. Über dem subtropischen Atlantik war das Geopotential hingegen höher als normal. Beide Effekte treten häufig gemeinsam auf. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einem sog. „teleconnection pattern“. Es handelte sich hierbei um eine positive Phase des East Atlantic Pattern (EA). Die standardisierten EA-Indexwerte betrugen für Juni bis August 2.1, 0.9 und 1.3. Das EA Pattern ist qualitativ ähnlich zur positiven Phase der NAO, nur sind die Anomaliezentren bei der EA etwas südwärts verschoben. In einer positiven EA-Phase ist der Subtropenjet (STJ) knapp südlich von Neufundland stärker ausgeprägt als normal. Der STJ hat im Sommer normalerweise ein Maximum (Jetstreak) knapp südlich von Neufundland. Das hängt damit zusammen, dass das Azorenhoch tropische Luftmassen aus SW heranführt, während kühle Polarluft aus NW über die Labradorsee und Davisstrasse hereinfliesst. Die Polarfront befindet sich im Mittel knapp nördlich von Neufundland. Häufig verschmelzen STJ und der stärker mäandrierende Polarjet vor Neufundland sogar zu einem Jetstream. Im Sommer 2003 befand sich der Neufundlandjet in seiner gewohnten Position, vielleicht 1° bis 2° weiter südlich als normal. Allerdings waren die Windgeschwindigkeiten im Mittel deutlich höher als normal. Diese überdurchschnittlich starken Winde des Jetstream reichten bis fast vor die Küste Nordportugals. Dort wurde der schwächer werdende Jet aus dynamischen Gründen nach Norden abgelenkt. Das stützte den Höhenrücken über Zentraleuropa vermutlich zu einem Teil. Über Norddeutschland ist ein zweites schwächeres Windmaximum erkennbar. Dieses wird auch durch den Subtropenjet verursacht. Dass sich der STJ auf diesem nördlichen Breitengrad so deutlich formieren konnte zeigt, dass tropische Luftmassen sehr häufig bis nach Mitteleuropa vorstossen konnten. Der STJ bildet sich am äusseren Rand der Tropikluft, (auf der Nordhemisphäre) knapp südlich des Gebiets, wo die Tropopausenhöhe stark absinkt.

Bild

Da der verstärkte STJ über dem Atlantik weiter nach Osten reichte als gewöhnlich befand sich der Left-Exit-Bereich des Jets knapp westlich von Nordportugal. Im Left-Exit-Bereich entsteht positive Vorticity, welche wiederum Zyklogenese antreibt. Das verursachte die ungewöhnlichen Tröge vor Portugal. An der Vorderseite von diesen wurde Warmluft über Spanien nach Nordosten advehiert. Die positive EA war also ein wichtiger Faktor für die Hitze und Trockenheit im Sommer 2003.

Durch den ständigen Warmlufttransport und da sich die Luftmasse über dem Kontinent viel stärker erwärmen konnte als über dem Ozean, verliefen die Isentropen (Linien gleicher äquivalent-potentieller Temperatur) etwa parallel zur Westküste Europas. Drucksysteme bewegen sich in etwa entlang dieser Isentropen. Man spricht in diesem Zusammenhang vom „thermal steering effect“. Tiefs, die von Westen heranzogen, wurden deswegen nach Norden abgelenkt. Gleichzeitig wurde der Höhenrücken dadurch gestützt. Die Verteilung von Landmassen und Ozean könnte also eine Rolle gespielt haben, bei der Stabilität des Hochs. Allerdings lässt sich dadurch allein die Persistenz der planetaren Zirkulation nicht erklären, denn sonst könnte ja jeder stärkere Warmluftvorstoss eine so stabile Lage einleiten, was offenbar nicht der Fall ist.

Innertropischen Konvergenzzone (ITC)

Die ITC war im Sommer 2003 über Afrika deutlich weiter nach Norden verschoben als im klimatologischen Mittel. Anfang August befand sie sich für kurze Zeit sogar nördlich des Hoggargebirges, welches etwa auf der Höhe des Wendekreises liegt und löste dort Gewitter aus. Die ITC verlagert sich im Sommer über dem Kontinent nach Norden, da sich über der Sahara ein Hitzetief ausbildet. Während auf den Ozeanen die Niederschläge wegen der konvergenten Windströmung nördlich und südlich der ITC auftreten, ist das über den Kontinenten anders. Über Afrika bildet die ITC eine sog. Tropikfront aus, die vor allem in Westafrika deutlich ausgeprägt ist. Feuchte kühlere Luftmassen strömen aus SO (Südostpassat) über den Golf von Guinea heran und werden dann nördlich des Äquators wegen der Corioliskraft nach NO abgelenkt. Gleichzeitig wehen die Nordostpassate, welche die Sahara überströmen und deswegen sehr trocken und heiss sind, diesen feucht-kühlen SW-Winden entgegen. Die warm-trockene Luft gleitet auf die kühl-feuchte auf. Da die Hebung der warm-trockenen Luftmasse keine Wolken erzeugt, ist die Vorderseite der Tropikfront, wo sich die ITC befindet, nicht aktiv. Erst etwas nach hinten versetzt tritt Konvektion auf, da dort die feucht-kühle Schicht ausreichend mächtig ist. Mit der Lage der ITC hängt auch der Westafrikamonsun zusammen.

Westafrikamonsun (WAM)

Der Westafrikamonsun hängt mit der Lage der ITC und dem STJ zusammen. Verläuft der STJ relativ geradlinig, kann sich der Monsun regulär nach Norden ausweiten. Der Monsun tritt dann pünktlich und in seiner gewohnten Intensität auf. In den gemässigten Breiten verläuft die Witterung normal ohne nennenswerte Temperatur- und Niederschlagsextreme. Verläuft der STJ hingegen wellenförmig, so führt das im Einflussbereich von Trögen zu einer Kompression der Klimazonen. Der Monsun kann dort nicht mehr ungehindert nach Norden vorstossen. Dieses Setup ist jedoch wichtig für die Entstehung von Hitzewellen, denn anderenorts kann der Monsun deutlich weiter nach Norden vorstossen als gewöhnlich.

Man hat herausgefunden, dass der WAM einen signifikanten Einfluss auf die Sommerwitterung im westlichen und zentralen Mittelmeerraum hat. Ein starker WAM, der weit nach Norden reicht, führt zu heisser und trockener Witterung. Ein schwacher WAM führt sogar mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu einem nassen und kühlen Sommerklima im Mittelmeerraum und zu einer Westlage über Mitteleuropa. Die WAM ist gekoppelt mit den Wassertemperaturen (SST) im Golf von Guinea. Sind die Wassertemperaturen im Mai und Juni zu tief, tritt häufig ein starker WAM auf. Die ozeanische Feuchte kommt mit der Tropikfront besser nach Norden voran. Ein starker WAM zeichnet sich also durch eine nördliche Lage der ITC aus.

Einfluss zu niedriger SSTs im Golf von Guinea auf das 500hPa-Geopotential

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Im Juli und August tritt dann häufig eine Erwärmung der SST im Golf von Guinea ein, welcher die Stärke des Monsuns fördert. Ein starker WAM führt zu verstärkter Subsidenz im Mittelmeerraum und erhöhtem Geopotential über Europa, was auch durch numerische Simulationen nachgewiesen werden konnte.

Kurze und lange Hitzewellen im Mittelmeerraum

Hitzewellen im Mittelmeerraum sind keine Seltenheit. Sie treten alle paar Jahre auf, allerdings nicht in der Intensität und Dauer wie im Sommer 2003. Da die Hitzewellen im Mittelmeerraum relativ häufig sind, kann man mittels statischen Methoden herausfinden, ob eine signifikante Zunahme stattgefunden hat. Man hat dafür kurze und lange Hitzewellen unterschieden. Kurze Hitzewellen sind definiert als ein 3- bis 6-tägiges Ereignis, bei welchem die Temperatur und mindestens eine Standardabweichung von Tagesmittelwert abweichen. Lange Hitzewellen sind Ereignisse, die 7 oder mehr Tage dauern und wo die Temperatur auch mindestens eine Standardabweichung von Tagesmittelwert variiert.

Die kurzen Hitzewellen haben im Juni und Juli nach einer Abnahme bis in die 70er wieder zugenommen und lagen in den 90er-Jahren leicht höher als in den 50ern. Im August und September ist hingegen kein Trend erkennbar.

Die langen Hitzewellen haben hingegen deutlich zugenommen. Vor allem in den 90ern ist im August und September eine starke Zunahme feststellbar. Die langen Hitzewellen entstehen, wenn sich das Azorenhoch in den Mittelmeerraum verlagert. Sie hängen meist mit einer Omegalage zusammen. Der höchste Geopotential auf 850 hPa liegt fast immer über Tunesien. Dadurch entsteht eine SSW-Lage über dem westlichen Mittelmeer. Interessant ist, dass diese „langen Hitzewellen“ grosse Ähnlichkeiten mit der Anomalie im Sommer 2003 aufweisen.

Anzahl kurzer und langer Hitzewellen

Modellanalyse

Um die Ursache der Hitzewelle über Zentraleuropa besser erklären zu können, versuchte man mittels Modellen diese Anomalie zu rekonstruieren. Im Modell spielten vor allem Daten über Wassertemperaturen und Bodenfeuchte eine entscheidende Rolle. In der Sahelzone fiel deutlich mehr Niederschlag als normal. Das konnte man auch in VIS-Satellitenbildern erkennen, indem man frühere Jahre mit 2003 verglichen hat. Nasse Böden zeichnen sich durch dunklere Erde aus, was in den sichtbaren Satellitenbildern deutlich zu erkennen war. 2003 waren diese nassen Böden in Westafrika einige 100 km weiter nördlich als normal vorzufinden. Gleichzeitig war es an der Küste von Guinea trockener als normal. Erst als man die Bodenfeuchte mit einer höheren zeitlichen Auflösung in die Modelle einspeiste, kam man zu befriedigenden Ergebnissen. Die Bodenfeuchte und damit zusammenhängende Konvektion spielten also eine wichtige Rolle.

Im Modell konnte ausserdem nachgewiesen werden, dass die leicht unternormalen Temperaturen im Golf von Guinea einen Einfluss auf die ITC und die Hitzewelle in Europa hatten.

Modellannahmen (Bodenfeuchte und SST)

Modellresultat für August

Einfluss der Klimaerwärmung

Rein statistisch betrachtet hat die Wahrscheinlichkeit eines Hitzesommers wie 2003 seit 1960 etwa um den Faktor 20 zugenommen. Während 1960 eine solche Temperaturanomalie eine Wahrscheinlichkeit von p < 1/10000 (p=probability) gehabt hätte, so liegt sie 2003 etwa bei p=1/455. Die Klimaerwärmung hat also die Wahrscheinlichkeit für eine Hitzewelle wie 2003 deutlich erhöht. Allerdings muss man vorsichtig sein mit solchen statistischen Analysen. Sie gehen davon aus, dass die Varianz in etwa konstant bleibt und behandelt Temperaturreihen wie stationäre Prozesse. Das stimmt bei stabilen klimatischen Verhältnissen relativ gut. Sobald jedoch eine „grössere“ Änderung eintritt, nimmt die Varianz gewöhnlich deutlich zu. Am Ende der kleinen Eiszeit ist beispielsweise eine solche Zunahme erkennbar. Eine Zunahme der Varianz hat zur Folge, dass v. a. Extreme häufiger auftreten. Es ist anzunehmen, dass die Varianz der Sommertemperaturen in den 80er und 90er-Jahre zugenommen hat, allerdings ist dieser Zeitraum zu kurz um eine allfällige Zunahme zu quantifizieren. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass ein Sommer wie 2003 eine wesentlich höhere Eintretenswahrscheinlichkeit hatte, als die berechneten p=1/455.

Bild

Die Klimamodelle gehen davon aus, dass die Erwärmung am Boden und in der unteren Troposphäre in den Polregionen am stärksten ausfallen wird. Das hat mit Albedo-Rückkopplungseffekten und dem niedrigem Wasserdampfgehalt der Atmosphäre zu tun. Im Detail möchte ich aber darauf nicht eingehen. Am Äquator fällt die Klimaerwärmung hingegen deutlich schwächer aus. Dadurch verringert sich der Temperaturgradient zwischen den Polen und dem Äquator. Dies könnte v. a. im Sommer zu verstärkter Meridionalisierung der Strömung führen, welche Hitzewellen in den gemässigten Breiten fördern könnte. Eigentlich ist es ungewöhnlich, dass die Erwärmung am Äquator so schwach ausfällt. Ein verstärkter Treibhauseffekt müsste sich ja vor allem dort auswirken, wo der Energiefluss am grössten ist. Ausserdem ist ja Wasserdampf, welches am Äquator in grossen Mengen vorhanden ist, ein sehr effizientes Treibhausgas. Der Grund ist relativ einfach. Die zusätzliche Wärmeenergie geht am Äquator vor allem in latente Wärme (Wasserdampf) über und nur ein kleiner Teil davon wird in fühlbare Wärme umgesetzt. Dadurch kommt es zu verstärkter Konvektion an der ITC. In der oberen Troposphäre wird die latente Wärme freigesetzt und es kommt zu einer deutlichen Erwärmung. Die Zirkulation der thermisch angetriebenen Hadleyzelle wird dadurch verstärkt. Verstärktes Aufsteigen an der ITC führt zu verstärktem Absinken im Bereich der subtropischen Hochgürtel. Gleichzeitig entsteht in der oberen Troposphäre ein erhöhter Temperaturgradient. Da die Jets auch thermisch angetrieben werden, muss man davon ausgehen, dass sich der Subtropenjet (wie auf der Polarjet) in Zukunft verstärken wird. Dies wird vor allem dort geschehen, wo tropische Luftmassen weit nach Norden vorankommen, z. B. an der Westflanke des Azorenhochs. Es ist also durchaus möglich, dass positive Phasen des EA Pattern, welche Hitzewellen im Mittelmeerraum und Zentraleuropa massgeblich begünstigen, in Zukunft häufiger werden. Der Einfluss einer verstärkten Hadleyzirkulation ist mir nicht ganz klar. Es könnte aber sein, dass sich die nordhemisphärische Hadleyzelle nach Norden ausweitet und so den Einfluss auf Süd- und Zentraleuropa im Sommer verstärkt.

Bild

Aktuelle Lage

Momentan sind die Wassertemperaturen im Golf von Guinea deutlich zu tief. Das heisst, dass in diesem Jahr ein starker WAM zu erwarten ist, welcher im westlichen und zentralen Mittelmeerraum einen überdurchschnittlich warmen und trockenen Sommer verursachen könnte. Die Lage der ITC bzw. Tropikfront war in der ersten Maidekade deutlich nördlicher als im Mittel. Der EA Index war in den letzten Wochen und Monaten jedoch stark negativ, allerdings scheint im Laufe der Woche eine Umstellung stattzufinden. Der STJ südlich von Neufundland verstärkt sich deutlich. Aufgrund der vorliegenden Daten, besteht für Süddeutschland und die Schweiz eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass 2005 ein überdurchschnittlich warmer Sommer auftritt.

Bild

Bild

Noch besser als im Satellitenbild ist die Lage der Tropikfront anhand der Taupunkte zu erkennen.

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Analyse der Position der ITC in der ersten Maidekade

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Die aktuelle Lage unterscheidet sich jedoch deutlich von jener im Jahre 2003. Dort machten sich gewisse Anomalien bereits im April bemerkbar, bevor beispielsweise eine starke WAM einsetzte. Es muss also noch andere Ursachen für diese ausserordentliche Hitzewelle geben, die in meiner Analyse keine Beachtung gefunden haben.

Quellen und Literatur

Liljequist/Cehak; Allgemeine Meteorologie

http://www.cpc.ncep.noaa.gov/products/e ... e_heat.pdf

http://blue.atmos.colostate.edu/publica ... atwave.pdf

http://www.grid.unep.ch/product/publica ... ave.en.pdf

http://ams.confex.com/ams/pdfpapers/85262.pdf

http://www.dwd.de/de/FundE/Klima/KLIS/p ... stisch.pdf

Ich hätte gerne noch ausführlicher über dieses Thema geschrieben, aber wegen chronischem Zeitmangel ist das momentan nicht möglich.

Viele Grüsse,

Michael
- Editiert von Michael (Untersee) am 24.05.2005, 17:20 -
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Federwolke
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Analyse der Hitzesommers 2003

Beitrag von Federwolke »

Hoi Michael

Nicht schlecht für chronischen Zeitmangel ;-)
Jedenfalls lesens- und prüfenswert, bin gespannt, wie weit auf die jetzigen Vorzeichen Verlass ist. Vielen Dank für diese Zusammenstellung und die Einschätzung.

Grüsslis


Severestorms
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Analyse der Hitzesommers 2003

Beitrag von Severestorms »

Vielen Dank Michael für den Bericht! (obwohl ich ihn noch nicht gelesen habe)..

Heute gab es im Tagi auch einen Artikel zum Hitzesommer 2003:

Hunderte Tote im Hitzesommer

Der Hitzesommer 2003 hat in der Schweiz Hunderte von Toten gefordert. Laut einer Studie gab es in den Monaten Juni bis August 7 Prozent oder 975 Todesfälle mehr als in anderen Jahren. Jetzt gibts Empfehlungen vom Bund für künftige Hitzewellen.

Vom Hitzesommer besonders betroffen waren ältere Menschen, die über eine schlechtere Wärmeregulation verfügen. Am schlimmsten war die Situation in den Städten Basel, Genf und Lausanne, wie eine Studie des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Basel im Auftrag des Bundes zeigt.
Die Bundesämter für Gesundheit (BAG) und für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) haben an einer Medienkonferenz in Bern die Resultate präsentiert und Informationsmaterial vorgestellt.

Viel trinken, leicht essen
Laut dem Merblatt «Heisse Tage - kühle Köpfe» sind die wichtigsten Regeln bei hohen Temperaturen: Anstrengungen vermeiden, Hitze aussperren, viel trinken und leicht essen. Mit der Umsetzung dieser Regeln könnten viele Todesfälle vermieden werden, sagte BAG- Direktor Thomas Zeltner gemäss Redetext.
Weiter hat der Bund veranlasst, dass die kantonalen Behörden von MeteoSchweiz bei drohenden Hitzewellen eine Warnung in Form eines «heat flash» erhalten. Das Bundesamt für Statistik vergleicht laufend die Todesfallzahlen mit Zahlen aus vorangehenden Jahren. So könnten Abweichungen rascher erkannt werden, erklärte Zeltner.

Hitzewellen wie jene im Sommer 2003 könnten unter dem Einfluss von klimatischen Veränderungen künftig vermehrt auftreten, halten die Bundesämter fest. Hitzestress sei aber nicht die einzige Gefahr für die Gesundheit, die mit dem Klimawandel verbunden sei.

Höhere Ozonwerte, mehr Mücken und Zecken
Hohe Temperaturen und starke Sonneneinstrahlung führen auch zu erhöhten Ozonwerten. Die Folgen sind Entzündungen der Atemwege und eine Einschränkung der Lungenfunktion. Mit der Verschiebung der Klimazonen können Krankheitsüberträger wie Mücken und Zecken in neue Lebensräume vorstossen und Infektionskrankheiten verbreiten.
Weiter können sich Pflanzen mit allergischem Potenzial in Gebieten ansiedeln, wo sie bisher nicht heimisch waren. Die Ambrosia etwa, die sich in Genf und im Tessin bereits massiv ausbreitet, dürfte weiter nach Norden vordringen. Durch die frühere Blüte dauert zudem die Heuschnupfenperiode länger.

Der Sommer 2003 gilt als der heisseste Sommer der letzten 500 Jahre. In der Schweiz wurden 27 Tage mit Temperaturen über 30 Grad registriert. Am stärksten betroffen war Frankreich mit etwa 15’000 zusätzlichen Toten allein im August. In der Schweiz lagen bisher nur Schätzungen und Zahlen für einzelne Monate vor.

Experten gehen davon aus, dass Hitzewellen in Europa in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts alle zwei bis vier Jahre auftreten werden, wenn die Klimaerwärmung nicht gebremst wird. Die Bundesämter riefen an der Medienkonferenz zu entsprechenden Massnahmen auf.

Quelle: http://www.tagi.ch
Weiter hat der Bund veranlasst, dass die kantonalen Behörden von MeteoSchweiz bei drohenden Hitzewellen eine Warnung in Form eines «heat flash» erhalten.
Da stellt sich die Frage über die Vorhersagbarkeit eines solchen Rekordsommers. Normale Hitzewellen sind ja nicht unbedingt ein Grund Alarm auszulösen. Die Heat flashes beziehen sich demnach wahrscheinlich auf Hitzewellen von längerer Periode (Edit: sorry, habe den Thread 'Hoppla, So wird der Sommer 2005. Meteo Schweiz.' noch nicht gelesen. Dort weitere Infos dazu.). Aber wie gut kann man solche Wetterextreme prognostizieren? Wie weit ist man davon entfernt, dass man Lawinenwinter wie im 1999 oder Hitzesommer wie im 2003 vorhersagen kann? Gibt es für Europa seriöse Vorhersagen über das Klima im UGKB? Ich glaube Joachim Schug oder Markus Pfister hat letzthin hier oder im WZ Forum ein Link zu einem britischen Wetterdienst gepostet, welcher dieses Jahr wieder einen überdurchschnittlich heissen Sommer für Europa erwartet. Ich meine, immerhin hat man in den letzten Jahr enorme Fortschritte in der Erforschung von Klimaphänomenen (bsp. El Nino / La Nina) gemacht und bezüglich den Hurricanes ist es ja auch möglich, wenigstens Tendenzen zu prognostizieren.

Unter folgendem Link findet man interessante und detaillierte Informationen und Merkblätter zu Hitzewellen im Allgemeinen und zum Hitzesommer 2003 im Speziellen: http://www.hitzewelle.ch


Und noch ein sehr interessanter Artikel über die Folgen der Klimaveränderung für Südafrika: http://www.ucar.edu/news/releases/2005/hurrell.shtml

Gruss Chrigi
- Editiert von Christian Matthys am 24.05.2005, 18:59 -
- Editiert von Christian Matthys am 25.05.2005, 02:27 -
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Sandmaennli, Muttenz
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Analyse der Hitzesommers 2003

Beitrag von Sandmaennli, Muttenz »

Hier auch noch ein Bericht von Bluewin:

Und die Homepage unter der man Informationen findet, wie man sich an heissen Tagen zu verhalten hat und viele weitere Links rund um die Klimaänderung, um den Hitzesommer 2003 und um das Wetter:

Wie verhält man sich an heissen Tagen?!

Fast 1000 Todesopfer m Hitzesommer 2003 in der Schweiz

Der Hitzesommer 2003 hat in der Schweiz Hunderte von Toten gefordert. Laut einer Studie gab es in den Monaten Juni bis August 7 Prozent oder 975 Todesfälle mehr als in anderen Jahren. Bei künftigen Hitzewellen soll die Schweiz besser gewappnet sein. [sda] - Das Ausmass wurde bisher unterschätzt. Man sei damals von der Situation überrascht worden und habe über keine Instrumente zur Messung der Auswirkungen verfügt, sagte Thomas Zeltner, Direktor des Bundesamtes für Gesundheit (BAG), vor den Medien in Bern.

Mit einer Studie des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Basel im Auftrag des Bundes liegen erstmals Zahlen vor. Der Hitze fielen laut den Autoren nicht nur schwer kranke Menschen zum Opfer. Ansonsten wäre eine Abnahme der Todesfälle in den Herbst- und Wintermonaten zu beobachten gewesen.

Besonders betroffen waren indes ältere Menschen, die über eine schlechtere Wärmeregulation verfügen. Am schlimmsten war die Situation in den Städten Basel (+ 24 Prozent), Genf (+ 17,5 Prozent) und Lausanne (+ 13,5 Prozent).

Viele Todesfälle hätten vermieden werden können, sagte BAG-Direktor Thomas Zeltner. Der Bund setzt deshalb auf Information. Zu den wichtigsten Regeln bei hohen Temperaturen gehören: Anstrengungen vermeiden, Hitze aussperren, viel trinken und leicht essen. Die Empfehlungen sind im Internet (www.hitzewelle.ch) und auf Merkblättern zu finden.

Der Bund hat auch veranlasst, dass die kantonalen Behörden bei drohenden Hitzewellen von MeteoSchweiz eine Warnung in Form eines "heat flash" erhalten.

Hitzewellen wie jene im Sommer 2003 könnten unter dem Einfluss von klimatischen Veränderungen künftig vermehrt auftreten, befürchten die Behörden. Sie warnen nicht nur vor den direkten Auswirkungen der Hitze.

Hohe Temperaturen und starke Sonneneinstrahlung führen zu erhöhten Ozonwerten. Die Folgen sind Entzündungen der Atemwege und eine Einschränkung der Lungenfunktion. Mit der Verschiebung der Klimazonen können Krankheitsüberträger wie Mücken und Zecken in neue Lebensräume vorstossen und Infektionskrankheiten verbreiten.

Der Sommer 2003 gilt als der heisseste Sommer der letzten 500 Jahre. In der Schweiz wurden 27 Tage mit Temperaturen über 30 Grad registriert.

Mit freundlichen Grüssen Thomas

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Peter,Walchwil ZG
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Beitrag von Peter,Walchwil ZG »

Hoi Michael
sehr schöne,unfangreiche Analyse.Vielen Dank für diese grossartige Arbeit :-)

Grüsse Peter
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Matthias_BL
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Beitrag von Matthias_BL »

Hoi Michael,

Super Arbeit ! Halten wir, die auf einen super Sommer hoffen, mal fest an Aussagen wie
Der STJ südlich von Neufundland verstärkt sich deutlich. Aufgrund der vorliegenden Daten, besteht für Süddeutschland und die Schweiz eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass 2005 ein überdurchschnittlich warmer Sommer auftritt.


...was Du aber dann gnz fein ins rechte Licht stellt:
Es muss also noch andere Ursachen für diese ausserordentliche Hitzewelle [2003] geben, die in meiner Analyse keine Beachtung gefunden haben.


Dies ist eine der besten und fundiertesten Langfrist-"Prognosen", die ich je gelesen habe. Ich bin sehr gespannt, wie Du die tatsächlich eintretende Entwicklung dann z.B. im Oktober 05 beurteilst. Denn ich glaube, wir wären hier alle gespannt auf ein Posting in 6 Monaten von Dir mit dem Titel "Analyse der Sommers 2005" :-)

gruss
Matthias

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Beitrag von Severestorms »

Offenbar will man sich europaweit gegen die drohende Gefahr von extremer Hitze wappnen, damit derart hohe Opferzahlen wie im Sommer 2003 nicht mehr vorkommen. Nicht nur die Meteoschweiz mit den sogenannten heat flashes, sondern auch der DWD warnt neuerdings vor Hitzewellen:

DWD: http://www.dwd.de/de/WundK/Warnungen/Hi ... /index.htm

In Frankreich ist man bereits weiter. Dort existiert seit 1. Juni 2004 der 'Plan canicule', welcher ein durchdachtes Alarmierungs- und Massnahmendispositiv festlegt:

http://www.sante.gouv.fr/canicule/doc/plan_canicule.pdf

Météo France ist demnach verpflichtet, auch vor grosser Hitze zu warnen:

http://www.meteofrance.com/vigilance/index.html

Weitere Infos:

http://www.sante.gouv.fr/canicule/
http://www.sante.gouv.fr/htm/dossiers/f ... attei1.htm

Gruss Chrigi
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Beitrag von Michael (Dietikon) »

Hallo,

Zur Zeit ist die ITC bereits weit nach Norden vorgestossen. Die Analyse des NWS zeigt, dass sich die ITC in der ersten Dekade des Juni seit 1988 noch nie auf einer so nördlichen Position befand. Der Westafrikamonsun stösst zeitweise bis nach Algerien vor, was doch sehr ungewöhnlich ist für diese Jahreszeit. Dadurch werden heute bereits zum zweiten Mal in diesem Sommer mitten in der Sahara kräftige Gewitter ausgelöst. Diese grossen Cluster wie sie momentan über der Wüste zu sehen sind, werden auch Monsundepressionen genannt. Normalerweise sind es die Vorboten des eigentlichen Monsun, verbunden mit dauerhafter Winddrehung und regelmässigen konvektiven Niederschlägen. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass der Westafrikamonsun so weit nach Norden vordringen kann.

IR Enhanced vom 17.06.2005 2130Z mit Gewittern über der Zentralsahara

Bild

Gruss, Michael
- Editiert von Michael (Untersee) am 18.06.2005, 00:27 -
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Beitrag von Federwolke »

Hoi Michael
Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass der Westafrikamonsun so weit nach Norden vordringen kann.


Er kann:
Bild

Da stösst tropische Luft weit in die Sahara vor. Sieht schon seit ein paar Tagen so aus. Übrigens alle Jahre wieder um diese Zeit, ist eine klimatologische Normalität. Und jedes Jahr wieder wundert sich jemand in der WZ darüber, dass es mitten in der Sahara solch schöne Zellen gibt :-)

Gruss

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Beitrag von Michael (Dietikon) »

Hoi Fabienne,

Ich meinte damit den eigentlichen Monsun, welcher dauerhafte Winddrehung und regelmässig auftretende, konvektive Niederschläge verursacht. War nicht so glücklich formuliert. Der Cluster über der Sahara ist ziemlich beeindruckend. Sieht man nicht allzu oft.

Bild

Gruss, Michael
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