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Interessantes Niederschlagsmuster am Bodensee

Grundlagen und Expertenwissen.
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Marco (Hemishofen)
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Interessantes Niederschlagsmuster am Bodensee

Beitrag von Marco (Hemishofen) »

Hoi zämä,

gerade eben auf dem Radar ein interessantes Niederschlagsmuster
entdeckt, 16.2.2005 1400 MEZ. Guckst du hier:

Bild
Quelle: MeteoSwiss Homepage

Und der anschliessende östliche Part:

Bild
Quelle: www.wetteronline.de

Das CH-Radar bild zeigt Schneefälle, die sich scheinbar an einer Linie parallel
zum Ufer des Bodensees, ansteigender Thurgauer Seerücken immer wieder neu auslösen.

Ost-Nordöstlich dieser Linie, über dem See und dem angrenzenden deutschen Uferbereich
ist eine niederschlagsfreie Zone, erst weiter upstream in Bayern und BaWü beginnt erneut
ein SEHR grossflächiges Gebiet mit Schneefall, welches sich praktisch über
die ganze südöstliche Ecke Deutschlands erstreckt (dies hab ich auch noch nie in so
einer Ausdehnung gesehen, darum geht's mir hier aber nicht).

Soll mir jetzt keiner mit Lake-Effect kommen, den können wir getrost vergessen bei
der Windrichtung und den Regionen, wo die Echos auftreten! Dass der See mit seinem
Wärmegehalt und der Feuchtigkeit, die er in die Grundschicht verdunstet einen gewissen
positiven Effekt auf die Niederschläge am nördlichsten Alpenhang des Appenzellerlandes
und St. Gallen hat bezweifle ich nicht (die Diskussion wurde hier sicher schon geführt,
Joachim und Melito sind vermutlich die Spezialisten vor Ort), genauso grossen Einfluss
(wenn nicht grösseren) hat aber an diesen Orten die ansteigende Topographie der Voralpen.
Die "Linie" wo die Niederschläge ansetzen setzt sich jedoch entlang des Seerückens nach
Nordwesten fort, in Regionen wo der See nur noch sehr schmal ist und Lake-Effect sicherlich
auszuschliessen ist. Vielleicht ist die Ursache gerade im langgezogenen Seerücken zu suchen,
der sich dort +/- senkrecht gegen die Strömung in der Grundschicht stellt... ?

Zur Ergänzung noch aktuelle Wetterwerte:
Bild

Bild

Konstanz meldet 3kts Nordwind bei -0.7°C und leichtem Schneefall um 13 Uhr,
Friedrichshafen meldet ganz ähnlich:
161320Z 36007KT 3000 -SN FEW006 SCT014 OVC020 M01/M04 Q1015=
Anmerkung: beide Stationen melden Schneefall, auch wenn man dies nach dem Radarbild
nicht so interpretieren würde, vielleicht gaukeln uns die Radars da etwas vor???

Was passiert da?

Gruss Marco
- Editiert von Marco, Bern / Rheinklingen am 16.02.2005, 15:00 -
Gruss Marco
-------_/)----

Markus Pfister
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Interessantes Niederschlagsmuster am Bodensee

Beitrag von Markus Pfister »

Hallo Marco,

ich glaube auch, dass es eine Kombination von Orographie und
Radarabschattung ist. Hier die Stundenmengen in mm von 13 bis 14 MEZ

Bild

Es gibt sowohl Stellen, die wahrscheinlich aufgrund der Orographe
nichts hatten, als auch Stellen, die sehr wohl was hatten, aber auf
dem Radar nicht angezeigt wurde. Zudem gibt es auch Stellen, die
nichts hatten, obwohl auf dem Radar was agezeigt wurde. Es ist also
gar nicht einfach zurzeit, das Radar zu interpretieren.

Besonders lustig wird es, wenn es zum Schneefall auch noch stark
windet (Berge...). Dann werden die Stundenmengen auch problematisch
wegen Verwehungen (zuviel, zuwenig). Zusammen mit den Phänomenen
der Radar-Abschattung kann das eine Interpretation praktisch
verunmöglichen. Da helfen manchmal die Satbilder etwas weiter.

Gruss

Markus
- Editiert von Markus Pfister am 16.02.2005, 16:32 -


Michael (Dietikon)
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Interessantes Niederschlagsmuster am Bodensee

Beitrag von Michael (Dietikon) »

Hoi zäme,

Ich denke, dass die Schichtung im unteren Stockwerk noch labil war. Mittags riss die Bewölkung kurzzeitig auf und man sah einige Cu con. Deswegen gehe ich davon aus, dass es sich um flache Schauer handelte, die durch wenig orographische Hebung ausgelöst wurden. Hier schneite es im Zeitraum von 12:40 Uhr bis 13:30 Uhr allerdings nur zeitweise und mit sehr geringer Intensität. Der Wind blies aus NNW bis NNO mit ca. 10 km/h im Mittel. Der Schneefall war in jenem Zeitraum noch grossflockig, später wurde er dann immer feinflockiger.

Abends war ich dann noch auf dem Seerücken. Die Schneehöhe auf 700 m beträgt gut 20 cm. Die Niederschlagsintensität war deutlich höher als in Ermatingen. Der Schneefall war an beiden Orten feinflockig. Hier betrug die Sichtweite um 17 Uhr ca. 6 - 7 km, auf dem Seerücken auf 700 m etwa 500 m.

Gruss, Michael

P.S. Ich konnte schon öfters beobachtet, wie die Schneefallgrenze über dem höchsten Teil des Seerücken deutlich nach unten gedrückt wird. Ich kann mir das eigentlich nur mit einer höheren Niederschlagsintensität erklären. Dasselbe ist mir auch schon über dem höchsten Teil des Bodanrücks aufgefallen. -> Diese Mittellandhügel scheinen also trotz ihrer geringen Höhe bereits nennenswerte orographische Effekte auszulösen.
- Editiert von Michael (Untersee) am 16.02.2005, 23:06 -
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Marco (Hemishofen)
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Beitrag von Marco (Hemishofen) »

@Markus und Michael:

Danke für eure Beiträge. Für den Orographieeinfluss spricht auch, dass weitere
Echos gestern Nachmittag im Staubereich des Hörnliberglandes und an der "Westflanke"
des Napfs auftraten.

Dass es bei den anderen Hügelzügen im Mittelland dann nicht mehr gereicht hat, um
ähnliche Muster hervorzurufen wie am Seerücken, könnte zum einen an der Divergenz
liegen, die sich im zentralen und westlichen Mittelland bemerkbar gemacht hat.
Zum andern fehlte dort vielleicht auch gerade die Menge an Feuchtigkeit in der Luft,
die sich am Seerücken in Form von Schnee aus der Luft rausmogelte.

Gruss Marco
Gruss Marco
-------_/)----

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