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Teilweise Temperaturen im Rekordbereich 22./23. Februar 2017

Alles zu (Un)wetter relevant für die Schweiz
Chicken3gg
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Re: Teilweise Temperaturen im Rekordbereich 22./23. Februar

Beitrag von Chicken3gg »

Andreas -Winterthur- hat geschrieben: Auffallend ist tatsächlich der Peak um 12.50 UTC. Tatsächlich reagiert die Vergleichsmessung nur leicht erhöht; was jedoch nicht viel heissen soll, da diese (soweit ich weiss) mit Rotronic-Sensoren gemessen wird, welche weniger rasch auf Änderungen reagieren. Auch die Thygan-Messung ist im nächsten 10' Termin wieder deutlich tiefer. Auffällig allerdings die einmalige Böenspitze von 17KT. zum Messtermin. Dies ist wiederum sichtbar in der Abnahme der rel. Luftfeuchtigkeit. Ich würde diese Messung damit nicht als Fehler interpretieren. Vielmehr scheint es möglich, dass hier kurzfristig eine Föhnböe (Windrichtung 47°) zum akuten Temperaturpeak führte.
Alles in allem spielt das ja auch nicht so eine grosse Rolle, da später mit aufkommendem WEST-Südwestwind die Temperatur während mehreren Terminen wieder auf 21.2. Grad gestiegen ist, synchron mit der Vergleichsmessung.

Was mich bei diesem Ereignis viel mehr nervte war die ungenügende Medienarbeit. Ich habe mir ein paar Online Medien durchgesehen. Eigentlich wurde kaum ein Artikel dem Ereignis gerecht.

Und es war tatsächlich ein denkwürdiger Tag. An nicht weniger als 17 SMN-Stationen (in der Extremwetterstatistik mit teils sehr langjährigen Messreihen) wurden Februarrekorde gebrochen. Im Mittelland vom Genfer- bis zum Bodensee sowie im Unterwallis war es verbreitet der wärmste Februartag seit Messbeginn.

Es geht mir aber nicht um die Journalistenschelte. Vielmehr finde ich es bedenklich, dass die Öffentlichkeit in Sachen Wetterereignisse überwiegend bruchstückhaft und schlecht informiert wird. Das lief "old School" mit der Zusammenarbeit SDA/AP und SMA einiges besser. Im Sinne des service public scheint mir eine seriöse Wetterinformation der Öffentlichkeit, ohne kommerzielle Interessen und dämlichen Unterhaltungsfirlefanz deshalb dringend angesagt.

Gruss Andreas
Hallo Andreas
Danke für die Ausführungen. Solche Sprünge sind mir bekannt, z.B. von St. Gallen. Bis 10K hoch und wieder runter. Und weil der Föhn im Rhonetal sich nicht so gut durchzusetzen vermochte, sah das nach einem Ausreisser aus.

Bezüglich Medien: Gefüttert wurden sie ja schon, wirklich aufgegriffen hat es aber kaum jemand ....

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Marco (Hemishofen)
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Re: Teilweise Temperaturen im Rekordbereich 22./23. Februar

Beitrag von Marco (Hemishofen) »

Auffallend ist tatsächlich der Peak um 12.50 UTC. Tatsächlich reagiert die Vergleichsmessung nur leicht erhöht; was jedoch nicht viel heissen soll, da diese (soweit ich weiss) mit Rotronic-Sensoren gemessen wird, welche weniger rasch auf Änderungen reagieren.
Nein, das glaube ich nicht :neinei: . Bin kein Messtechniker, aber ich wage zu behaupten, dass Rotronic Sensoren hinreichend schnell auf die Temperaturveränderungen reagieren (Sensor unter permanenter Abtastung des Widerstands, state of the art weltweit und nicht bloss in der Meteorologie sondern auch in der Industrie, ein gut belüfteter PT100 reagiert innert Sekunden auf Temperatursprünge).

Der Hauptunterschied zwischen den beiden Geräten ist, dass der THYGAN nur am Schluss des 10-Minuten-Messintervalls während einer Minute effektiv misst (http://www.meteolabor.ch/fileadmin/user ... tp37_d.pdf. Der Rotronic hingegen lüftet und misst permanent während der vollen 10 Minuten und bildet aus diesen Messwerten durch Mittelung den 10-Minuten-Wert. Vor diesem Hintergrund kann man folgende Hypothese aufstellen, um die Tabellenwerte oben plausibel zu erklären:

Just in jenem 1-Minuten-Fenster (oder ein paar Sekunden zuvor), in welchem der THYGAN in Sion gemessen hat, plumpste die erste Böe auf das Messfeld und brachte die Rekordwärme (die ja später abgesehen von nichtigen Zehnteln noch mehrmals gemessen wurde, und zwar "synchron" von beiden Geräten). Der THYGAN hat korrekt in diesem Moment die 21.4°C gemessen, während der Rotronic nebendran diese 21.4 noch mit den anderen, mutmasslich kühleren 9 Minuten vorher gemittelt und daher nur 18.3°C als 10-Minuten-Messwert geliefert hat. Die 17 KT Böe, welche messtechnisch eine 3-Sekunden-Böe ist, passt gut in dieses Bild. Der Mittelwind im Messintervall war ja schlappe 3 Knoten und ordnet sich gut in die Phase stagnierender, d.h. noch nicht mit warmer trockenadiabatisch aus der Höhe durchgemischter Luft vor Einsetzen des Talwindes ein.

Gleichzeitig soll nicht verheimlicht werden, dass in Sion bereits seit ein paar Jahren nahe der Station scheinbar eine grössere betonierte Fläche besteht, und die Temperatur am Sensor wahrscheinlich mit "Abwärme" beeinflusst (wenn der Wind noch nicht allzu stark ist). Ich bin nicht ortskundig, habe das von unseren Stationsleuten sowie den Genfer Kollegen vernommen. Der Vergleich mit den Rekordwerten der Vergangenheit muss also mit einem kleinen "ABER" versehen werden, ordnet sich aber, wie Andreas mit der Karte oben schön dokumentiert, gut ein in die übrigen Tagesmaxima.

Erbsenzählerei, pflegt Ralph Rickli jeweils zurecht zu sagen in solchen Momenten ;)
Gruss Marco
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Andreas -Winterthur-
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Re: Teilweise Temperaturen im Rekordbereich 22./23. Februar

Beitrag von Andreas -Winterthur- »

Erbsenzählerei, pflegt Ralph Rickli jeweils zurecht zu sagen in solchen Momenten ;)
Passt doch bestens. Davon lebt ja das Forum schon seit geraumer Zeit...
“Some people are weather wise, but most are otherwise” Benjamin Franklin

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Federwolke
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Re: Teilweise Temperaturen im Rekordbereich 22./23. Februar

Beitrag von Federwolke »

Marco (Hemishofen) hat geschrieben:Gleichzeitig soll nicht verheimlicht werden, dass in Sion bereits seit ein paar Jahren nahe der Station scheinbar eine grössere betonierte Fläche besteht, und die Temperatur am Sensor wahrscheinlich mit "Abwärme" beeinflusst (wenn der Wind noch nicht allzu stark ist). Ich bin nicht ortskundig, habe das von unseren Stationsleuten sowie den Genfer Kollegen vernommen.
Richtig, und nicht nur das. Die Station steht auf einem grünen Inselchen. Nördlich das Rollfeld, östlich und westlich zwei betonierte Felder, die da wären Zufahrten zu Hangars, und südlich ein Riesenklotz von einem flachen Gebäude (eben jener Hangar), das aufgrund seiner dunklen Verkleidung auch ganz schön anfällig für die Absorbtion von Wärme ist. Habe das Bild schon mal hier anlässlich einer Sion-Diskussion (übrigens vom selben User zu genau derselben Fragestellung) gezeigt, es sei mir nochmal gestattet:
Bild
http://www.fotometeo.ch/wetterstationen/

So sieht das von oben aus (SMN-Station in der Bildmitte): https://goo.gl/maps/rH36KaqsmEN2

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Marco (Hemishofen)
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Re: Teilweise Temperaturen im Rekordbereich 22./23. Februar

Beitrag von Marco (Hemishofen) »

Danke, Fabienne, für die Optik. Ich muss zugeben, dass ich nicht mit der Stationsgeschichte von SIO vertraut bin: Stand die Station früher an einem anderen Ort?

Das Datenblatt auf unserer Homepage mit einem Bild aus anders gearteter Umgebung legt diese Vermutung nahe, ebenso das "Offizialisierungsdatum" 2005:
http://www.meteoschweiz.admin.ch/produc ... cs/SIO.pdf
Gruss Marco
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lukasm
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Re: Teilweise Temperaturen im Rekordbereich 22./23. Februar

Beitrag von lukasm »

Ich denke, die Station stand immer dort. Das dunkle Gebäude auf der linken Seite der Wetterstation ist jedoch relativ neu (ich weiss das genaue Alter nicht, aber 2013 stand es noch nicht).

Das Bild im PDF wurde vor dem Bau des Gebäudes in Richtung ungefähr WSW oder SW aufgenommen.

Bild
Quelle: map.geo.admin.ch

Siehe auch "Journey through time - Maps" auf
https://s.geo.admin.ch/71a5437e97
Der Donner erschüttert die heitere Bläue des Himmels,
Weil hochfliegende Wolken im Äther einander sich stoßen,
Wenn in der Mitte sie stehn von entgegengerichteten Winden.

aus "De rerum natura", 1. Jh. v. Chr. (Titus Lucretius Carus, Lukrez)

Chicken3gg
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Re: Teilweise Temperaturen im Rekordbereich 22./23. Februar

Beitrag von Chicken3gg »

Fabienne, du hast das so nebenbei erwähnt damals ;)
Federwolke hat geschrieben:Die Änderung der Windrichtung kann in Sion gewaltige Auswirkungen haben. Je nachdem ob's grad von der Piste rüberweht oder doch eher von den Auen an der Rhone (zudem noch Föhn vs. Talwind):

Bild
Quelle: http://www.fotometeo.ch/wetterstationen.php

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