Kaiko (Döttingen) hat geschrieben:Sali zäme
Analyse der Reflektivität (dBZ) von Radarbildern im Zeitraum 20:45Uhr bis 22:15Uhr
Als Grundlage dienten:
- Google Maps Luftbild als Hintergrund 10km Auflösung
http://www.google.ch/maps/@47.8294718,8 ... a=!3m1!1e3
- Diverse Bestandesaufnahmen der Zugbahn des Tornados aus diesem Thread.
- Radar HD Bilder von kachelmannwetter.com
http://kachelmannwetter.com/de/regenrad ... /waldshut/
Zuerst erstellte ich ein 10km aufgelöstes Googlemaps-Luftbild und blendete den vermuteten Tornadoverlauf mit + Zeichen ein.
Anhand der Radarbilder und den gemeldeten Beobachtungen konnte ich den zeitlichen Ablauf rekonstruieren und bestimmen.
Unter dem Tornadotrack ist die vergangene Zeit in Minuten nach 21:00Uhr MESZ eingetragen. Das schwarze + zeigt den jeweiligen Zeitpunkt, wo das entsprechende Radarbild überblendet wird.
Zusätzlich ist zur Orientierung der Standort des Feldbergradars mit einem Stern markiert.
Das Grundlayout ohne Radarbilder sieht so aus:
Um 21.00Uhr und 21:05Uhr bewegt sich die Superzelle knapp nördlich
vom Münstertal her auf den Feldberg zu:
Um 21.10Uhr zieht die Zelle relativ Nahe am Feldberg-Radar vorbei.
Schön zu sehen ist auch der tote Winkel in Richtung Südosten,
wo ein Gebäude dem Feldberg-Radar im Weg steht und dem Radarstrahl die Sicht nimmt.
Es ist anzunehmen, dass durch den nahen Vorbeizug die Messresultate
des Feldberg-Radars auch etwas abgeschwächt wurden.
Das Bild um 21:15Uhr zeigt noch keine Besonderheiten:
Aber mit zunehmender Entfernung der Superzelle vom Radar wurden die Resultate besser,
und es kann im Bild um 21:20Uhr ein interessante Detail beobachtet werden:
Südlich von Lenzkirch ist ein V-förmiger Bereich mit niederer Reflektivität zu erkennen. (Grün, <35dBZ).
Genau an dieser Stelle unter dem V verläuft unsere Tornadozugbahn. Zufall?
Auch in den folgenen 3 Bildern von 21:25 bis 21:35Uhr ist dieser Bereich
mit niederer Reflektivität gut zu erkennen und ein Indiz für das vorhandensein unseres Tornados.
In den Bildern von 21:40Uhr und 21.45Uhr kann diese Struktur nicht mehr beobachtet werden.
Wobei zum einen die Entfernung zum Feldberg-Radar nun immer grösser, und die Messungen ungenauer,
und zum anderen sich der Vortex der Superzelle nun langsam beginnt aufzulösen.
Abschliessend kann der Tornado anhand der Radarbilder zeitlich zu folgenden Regionen zugeordnet werden:
21:20Uhr - Lenzkirch
21:25Uhr - Glashütte (Grosse breite Schneise)
21:30Uhr - Bonndorf
21:35Uhr - Dillendorf
21:40Uhr - Lausheim
21:45Uhr - Fützen
Die Animation der Bildauswertung kann unter folgendem Link abgerufen werden:
http://www.kaikowetter.ch/Sturmarchiv/R ... fercam.php
Wie schon früher mit den Blitzdaten von metradar habe ich auch mit den Blitzdaten von Kachelmann. eine Animation erstellt:
http://www.kaikowetter.ch/Sturmarchiv/R ... rblitz.php
Wie schon früher festgestellt, ist auch mit diesen Daten nach der Feldbergpassage ein Sprung der Blitzaktivität nach Norden in die Region Titisee erkennbar.
Weiter Analysen, insbesondere die genaue Auswertung der Doppler-Scans des Feldbergradars, bieten die Möglichkeit für weitere Erkenntnisse für die Tornadoforschung, und die Bestätigung meiner Annahmen und Ausführungen.
Grüsse Kaiko
Hallo Kai
Ich habe mir die Doppler-Scans des Feldbergradars (jetzt ja frei zugänglich via kachelmannwetter.com) angeschaut. Deine Reflektivitätsanalyse bzw. den daraus abgeleiteten zeitlichen Ablauf erscheint mir plausibel.
Analyse der relativen Geschwindigkeit (km/h) anhand von Bildern des Doppler-Radars im Zeitraum 21:15Uhr bis 21:50Uhr
Natürlich habe ich erstmal nach einem Tornado Couplet (Tornado Vortex Signature) Ausschau gehalten, also nach einem Bereich, wo hellgrüne und rosa Pixelbereiche dicht nebeneinander vorkommen. Bin aber – zugegebenermassen etwas überrascht - nicht fündig geworden. Dann ist mir aufgefallen, dass ein Bereich mit grauen Pixeln der Tornadospur entlang wandert.
Ja klar, dachte ich mir. Das ist der Bereich des Inflows. Dort wo kein Niederschlag gemessen wurde. Fehlender Niederschlag bedeutet auch fehlende Meteore an welchen die Radarstrahlen des Dopplerradars reflektieren könnten. Eigentlich logisch. Aber zwei Dinge sind merkwürdig:
1) Die grauen Pixel sind auch zu den Zeitpunkten vorhanden wo im Reflektivitätsbild keine niederschlagsfreie Bereiche mehr erkennbar sind (z.B. um 21.40 Uhr und um 21.45 Uhr) - siehe Analyse von Kaiko.
2) Warum kann man im Normalfall eine Mesozyklone in Dopplerscans anhand von einem Couplet erkennen und hier nicht?
Meine Vermutung ist, dass wir es hier mit einer nicht ganz alltäglichen Konstellation zu tun hatten. Normalerweise übernimmt der Rear Flank Downdraft (RFD) eine wichtige Rolle bei der Tornadogenese. Dieser Downdraft wickelt sich langsam um die Mesozyklone und reisst damit die Rotation hinab in Bodennähe. Ein solcher Vorgang ist meist durch das berühmt-berüchtigte Hakenecho erkennbar. Ein Hook ist aber in vorliegendem Fall nicht zu sehen.
Wie anhand bisheriger Analysen unschwer zu erkennen ist, war der Schwarzwald-Tornado eingequetscht zwischen zwei Starkniederschlagsbereichen. Man würde aufgrund der Langlebigkeit des Systems und des Wegdriftens nach rechts erstmal von zwei (Super?)zellen ausgehen und vermuten, dass der Bereich mit dem Tornado zum Inflow/Aufwind der östlicheren Zelle gehören würde. Dieser Bereich lag aber nicht lehrbuchmässig im Südosten der Zelle, sondern eher im Westen. Verwunderlich? Nein, denn die mutmasslich zugehörige Zelle zog ja auch nicht von SW nach NE, sondern von NNW nach SSE. Dreht man das Bild um 40 Grad, sieht es schon besser aus. Auch ein für Superzellen charakteristisches V-Shape ist jetzt ansatzweise zu erkennen:
Und, man erkennt plötzlich auch ein deutliches Hakenecho. Bingo! Aber falsch herum gebogen. Und irgendwie mit der nachfolgenden (westlichen) Zelle verbunden. Hmmmm… War die Rotation vielleicht antizyklonal? Nein, diese Frage kann man klar verneinen, schaut man sich Fallrichtung der Bäume in der Schneise an. Der Tornado scheint tatsächlich zyklonal gedreht zu haben.
Ok, aber mit was hatten wir es denn zu tun? Ein klassischer RFD scheint die östlichere Zelle nicht gehabt zu haben. Ich kann mir aber vorstellen, dass die Rolle des RFD bei der Entstehung des Tornados von der Forward Flank Downdraft (FFD) der westlichen Zelle übernommen wurde und damit das „Herunterreissen“ der Meso-Rotation überhaupt möglich wurde.
Aber schaut euch nochmal das gedrehte Bild an. Die Signatur sieht doch auch irgendwie vertraut aus, oder nicht? Genau, so ähnlich sieht es nämlich bei einem
Rear-inflow jet (RIJ) mit sog.
Rear-inflow notch aus:
Quelle:
Wikipedia
Waren es also gar keine zwei eigenständigen Superzellen, sondern war es eine einzige grosse Superzelle, welche derart mächtig war, dass sie sogar einen Rear-inflow jet zu produzieren vermochte, etwas was normalerweise nur ausgewachsene MCS‘e zustande bringen? Oder war es ein Hybrid aus Superzelle und MCS?
Falls der niederschlagsfreie Bereich mit dem vermuteten Tornado tatsächlich einem Rear-inflow jet geschuldet sein sollte, könnte dieser ebenfalls zur Tornadogenese beigetragen haben. Im obigen Beispiel von Wikipedia kam es nämlich auch zu einem Tornado, und zwar genau an der gleichen Stelle wie in unserem Fall:
Quelle:
http://www.srh.noaa.gov/bmx/?n=event_03061996
Was meint ihr dazu? Gibt es weitere Hinweise darauf, dass es einen RIJ gegeben haben könnte?
Gruss,
Chris