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Funnels am 13.09.2010

Alles zu (Un)wetter relevant für die Schweiz
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Marco (Hemishofen)
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Funnels am 13.09.2010

Beitrag von Marco (Hemishofen) »

Oha: http://www2.shn.ch/index.php?rub=news&s ... ail=277983

Bild

In der schriftlichen Ausgabe der SN gibt's auch scheinbar auch ein Bild dazu. Beobachtung konnte ich gerade eben verifizieren, mein Papa war auf dem Untersee am fischen und hat den Funnel (kein Bodenkontakt sichtbar) auch gesichtet, Uhrzeit etwa 14 oder 15 Uhr ungefähr, wusste er nicht mehr so genau. Peilung: Glarisegg SW-wärts Richtung Rodenberg. Das haut gut hin mit der Meldung aus Stammheim.

Hat's jemand aus dem Forum gesehen? Gibt's irgendwo qualitativ gute Bilder?

Gruss Marco
Zuletzt geändert von Severestorms am Mi 15. Sep 2010, 18:17, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Anpassung des Threadtitels
Gruss Marco
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Mäck
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Re: Funnel im Weinland/Stammertal am 13.09.2010

Beitrag von Mäck »

Im Winterthurer "Landboten" gab es heute einen ausführlichen Bericht inkl. Bild auf der Titelseite über die Trombe...

http://www.landbote.ch

Wirbelsturm bei Trüllikon gesichtet », sagt der Glattbrugger Michel Brunner . Nach etwa 45 Minuten habe sich der Miniwirbelsturm, eine sogenannte Trombe, wieder aufgelöst. Zu Schäden ist es laut dem Kommandanten der Feuerwehr Kohlfirst nicht.

Der Artikel ist nur Abonnenten zugänglich - Setze das Bild hier nicht hinein ohne Copyright.

Grüsse Markus
Das Wetter ist doch immer wieder faszinierend! Das "gemässigte Klima" in unseren Breiten ist der Durchschnitt vieler Ereignisse, was Extreme nicht ausschliesst...


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Andreas -Winterthur-
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Re: Funnel im Weinland/Stammertal am 13.09.2010

Beitrag von Andreas -Winterthur- »

Hallo

Eine weitere Sichtung eines "Wolkenschlauchs" am 13.9.10 wurde uns via email gemeldet:
Betreff: Wolkenschlauch über Pfäffikon/SZ


Guten Morgen



Habe ziemlich genau heute um 10 Uhr diese Bilder gemacht.

Standort: Rapperswil, Hochschule

Blickrichtung: SW (Richtung Etzel)

Schätze, dass das über dem See in etwa vor Pfäffikon/SZ gewesen sein muss.



Es zeigt meiner Meinung nach den Rest einer kleinen Wasserhose (?). Konnte leider nur noch das Endstadium fotografieren, bis die Kamera einsatzbereit war.

Der untere Wolkenrand war deutlich in einer Drehbewegung und der Wolkenschlauch hat sich auch – zwar etwas undeutlicher – bewegt.
Auf den Bildern ist allerdings kein klar strukturierter funnel (mehr) auszumachen.

Gruss Andreas
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Severestorms
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Re: Funnel im Weinland/Stammertal am 13.09.2010

Beitrag von Severestorms »

Vielen Dank für eure Meldungen! Habe das Foto vom Trülliker Funnel gesehen. Ist eindeutig ein schöner Funnel in Form einer langen Nadel. Ich konnte Kontakt mit dem Fotografen aufnehmen.
Demnach soll der Funnel mehr als eine halbe Stunde lang in der Luft gehangen sein (mind. zwischen 13.30 Uhr und 14 Uhr). Weitere Angaben folgen.

Gruss Chrigi
Zuletzt geändert von Severestorms am Mi 15. Sep 2010, 18:18, insgesamt 1-mal geändert.
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Andreas -Winterthur-
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Re: Funnels am 13.09.2010

Beitrag von Andreas -Winterthur- »

Ziemlicher Wirbel, welcher dieser funnel im Landbote verursachte. Immerhin mit Kurzbericht schon auf der Frontseite und ausführlichem Bericht im Lokalteil. Leider gab es auch ein Durcheinander bei den Begiffen (wie üblich...):
Meteorologe und Meteonews-CEO Peter Wick klärt auf: «Das Gebilde über dem Weinland war kein Tornado, sondern eine Trombe. Aber ein besonders schönes Exemplar.»
und weiter:
«Ein Tornado kommt bei uns sehr selten vor», sagt Wick. Tromben seien hingegen im Frühherbst ein häufig gesehenes Phänomen. «Vor allem dann, wenn grosse Temperaturunterschiede herrschen.» In der Schweiz bilden sie sich deshalb mehrheitlich über Wasser, dem Boden- oder Genfersee etwa.
Hier die international anerkannte und allgemein übliche Definition:
Ein Tornado (spanisch tornar „umkehren, wenden, drehen“, Partizip tornado; tornear „wirbeln, drechseln“), auch Großtrombe, Wind- oder Wasserhose, in den USA umgangssprachlich auch Twister genannt, ist ein kleinräumiger Luftwirbel in der Erdatmosphäre, der eine annähernd senkrechte Drehachse aufweist und im Zusammenhang mit konvektiver Bewölkung (Cumulus und Cumulonimbus) steht, was dessen Unterschied zu Kleintromben (Staubteufeln) ausmacht. Der Wirbel erstreckt sich hierbei durchgehend vom Boden bis zur Wolkenuntergrenze. Diese Definition geht auf Alfred Wegener (1917) zurück und ist in dieser Form heute noch allgemein anerkannt.
Die Benennungen Wind- und Wasserhose (engl.: Waterspout) bezeichnen im deutschen Sprachraum eine Großtrombe (Tornado im weiteren Sinne) über Land oder größeren Wasserflächen (Meer, große Binnenseen). Windhose ist dabei ein Synonym für einen Tornado im engeren Sinne, also über Land.
Die Benennung „Windhose“ – in der älteren Literatur noch wohldefiniert (Wegener) – wurde in der jüngeren Vergangenheit vermehrt undifferenziert für verschiedene Phänomene im Zusammenhang mit plötzlich auftretenden starken Winden verwendet (zum Beispiel Downburst) oder fälschlich auf Kleintromben bezogen. Zudem wurde der Eindruck eines Unterschieds zwischen „großen“ Tornados in Nordamerika und „kleinen“ Windhosen in Europa erweckt. Ein Unterschied zwischen Windhosen und Tornados besteht jedoch weder bezüglich ihrer physikalischen Natur, noch bezüglich ihrer Stärke.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Tornado


Aber auch folgende Aussage ist nicht sehr kompetent:
Walter Herzig, Bereichsleiter Schadenabteilung der Gebäudeversicherung Zürich (GVZ), gibt ebenfalls Entwarnung: «Wir wissen von keinen zerstörten Gebäuden.» Solche Wirbelstürme sehe man in der Schweiz nicht oft, sagt er.

Und wenn, «dann haben sie nicht die gleiche Kraft wie in den USA». Es komme höchstens vor, dass von einer Windhose (Synonym für Tornado, siehe Box) ein paar Ziegel von den Dächern gerissen würden.«Das registrieren wir dann jeweils als Sturmschaden.»
Vielleicht sollte sich Hr. Herzig mal die Zeit nehmen im sturmarchiv.ch etwas zu recherchieren. Zum Beispiel über die F4/F5 Tornados vom Vallée de Joux (1971 und 1890).

Gruss Andreas
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Severestorms
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Re: Funnel im Weinland/Stammertal am 13.09.2010

Beitrag von Severestorms »

Christian Matthys hat geschrieben:Vielen Dank für eure Meldungen! Habe das Foto vom Trülliker Funnel gesehen. Ist eindeutig ein schöner Funnel in Form einer langen Nadel. Ich konnte Kontakt mit dem Fotografen aufnehmen.
Demnach soll der Funnel mehr als eine halbe Stunde lang in der Luft gehangen sein (mind. zwischen 13.30 Uhr und 14 Uhr). Weitere Angaben folgen.

Gruss Chrigi
Weitere Informationen und Fotos sind nun im Sturmarchiv abrufbar.

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nordspot
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Re: Funnels am 13.09.2010

Beitrag von nordspot »

@ Adreas:
Ziemlicher Wirbel, welcher dieser funnel im Landbote verursachte.
ja, daß die Wirbel verursachen haben Windhosen so an sich, doch doch ;) :unschuldig:

Bin auch mal auf hochwertige Bilder gespannt

Gruß
Ralph
nordspot Konstanz


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Re: Funnels am 13.09.2010

Beitrag von Severestorms »

nordspot hat geschrieben:
Bin auch mal auf hochwertige Bilder gespannt

Gruß
Ralph
Ralph, siehe hier. Leider habe ich die Erlaubnis des Fotografen nur fürs Sturmarchiv eingeholt. Daher kann ich sie hier nicht zeigen.

Gruss Chrigi
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Re: Funnel im Weinland/Stammertal am 13.09.2010

Beitrag von Severestorms »

Christian Matthys hat geschrieben:Demnach soll der Funnel mehr als eine halbe Stunde lang in der Luft gehangen sein (mind. zwischen 13.30 Uhr und 14 Uhr). Weitere Angaben folgen.

Gruss Chrigi
Über die Dauer gibt es noch Unstimmigkeiten. Bin am Abklären.

Gruss Chrigi
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Marco (Hemishofen)
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Re: Funnels am 13.09.2010

Beitrag von Marco (Hemishofen) »

@ Chrigi: vielen Dank einmal mehr für deine Recherchen und den Eintrag in die Datenbank des Sturmarchivs.

Ich hab auf dem Foto versucht, die Blickrichtung der Aufnahme zu eruieren. Dabei ist mir aufgefallen, dass es
in Trüllikon keine Strasse gibt, deren Name ungefähr mit demjenigen auf dem Schild zusammenpasst. Kann es
sein, dass Herr Brunner das Bild in Benken an der Nüsatzstrasse gemacht hat, und nicht in Trüllikon? Die
Blickrichtung wäre in diesem Fall wahrscheinlich Richtung Ost (man sieht einen Waldstreifen im Hintergrund),
und das würde dann mit der exakten Position "Trüllikon" doch wieder hinhauen. Ist also in jedem Fall nur ein
Detail auf der Mikroskala und nicht Matchentscheidend.

Hier noch etwas Futter für unser gemeinsames Archiv, da gibt's ein paar ganz feine Details zu analysieren :up:

Large scale: Trog und Front schon lange durch, Rückseitenwetter mit einfliessender mid-level dry air auf 700hPa
im Zusammenhang mit Subsidenzinversionen. In den tieferen Schichten einheitliche (Kalt-) Luftmasse, an sich
nur geringe Labilitätswerte, die aber in einer recht dünnen Schicht konzentriert sind ("fat" CAPE).
Rechnet man etwas mit den METARs aus Donaueschingen und Zürich-Kloten rum so findet die Wolkenbasis recht
weit oben auf 1300-1700m, die Stuttgart Sondierungen hingegen gibt 890hPa/1100m an, was schon näher an die
optisch eher tiefe Basis auf dem Foto rankommt. Die Milchbüechli-Rechnung mit den T2m-Td2m-Werten
(SPREAD*400ft=Basis über Grund) ergibt auch ~1300m als Basis, hingegen lagen die SwissMetNet Schaffhausen
SPREAD-Werte bei geringeren 6-8K, das wären dann im "besten Fall" 900m ü. M.

Bild

Bild

--> weitere COSMO-7 Analysen 12 UTC: tt500 rh700 thetae700 cape-ml cin-ml

Beobachtungsdaten, zuerst mal NOAA-19 Satbild und unser PKC-loop (instantaneus estimated precipitation, 1x1km, 5min) als Einstieg.
Schauerlinie am Alpenrand, ein paar munzige Sprützli im Weinland, später ZH/AG:

Bild
Bild

Und jetzt wird's ganz interessant, werfen wir einen Blick auf die VERA-Analysen des IMGW der Uni Wien.
Relativ betrachtet ein lokales theta-e Maximum stromaufwärts am Hochrhein zwischen Rafzerfeld und Schaffhausen,
Wind und Feuchte bewirken eine schöne Feuchtekonvergenz (die roten Flächen), die im relevanten Zeitraum schön
der Thur entlang ESE-wärts laufen - passt alles gut zusammen, hier die plots:

Bild
Bild
Bild

Als Ergänzung und plastische Illustration der Bodenströmung hier noch die streamlines 11UTC 12UTC 13UTC . Wunderschön!

Das alles schafft gute Randbedingungen für die mögliche Entstehung eines solchen "cold air funnels". Über die kleinräumigen Prozesse,
die letztendlich zur Ausbildung desselben führen, kann man nur spekulieren: vorticity und helicity sind die Stichworte ... diese Grössen
sind räumlich und zeitlich sehr variabel und mit operationellen Beobachtungssystemen nicht flächendeckend quantifizierbar. Numerische Modelle
können allenfalls qualitative Hinweise zur Grössenordnung geben. Schlussendlich bin ich der Meinung, dass so ein Gebilde immer auch
ein konvektiv getriggertes Zufallsprodukt sind.

Gruss Marco

P.S.: nomen est omen, eine passendere Ortschaft als TRÜLLikon hätte sich der Rüssel nicht aussuchen können :lol:
Zuletzt geändert von Marco (Hemishofen) am Fr 17. Sep 2010, 02:57, insgesamt 8-mal geändert.
Gruss Marco
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