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STURMARCHIV SCHWEIZ: Diskussion von Ereignissen

Alles zu (Un)wetter relevant für die Schweiz
Severestorms
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Re: Sturmarchiv Schweiz: Diskussion/Analyse von Ereignissen

Beitrag von Severestorms »

Philippe Zimmerwald hat geschrieben:@ Lukasm: Thunersee Wasserhose dürfte sich um einen Fake handeln. Jahreszeit und gleichzeitig Föhnsturm in anderen Orten weisen auf die typischen "Wirbelchen" hin, die es bei Sturm über Seen geben kann (wie bei Lothar 1999) oder bei Föhnsturm am Urnersee.

Grüsse
Ja, denke ich auch. Werde das Ereignis als "Verdacht auf Wasserteufel" im Sturmarchiv klassifizieren.

Auch bezüglich der Sichtungen auf dem Thunersee und dem Vierwaldstättersee im Zuge des Orkans Lothar gehe ich mit dir einig: Das waren höchstwahrscheinlich mächtige Wasserteufel (im Fall vom Thunersee verursachte die Trombe ja gar Schäden an Land). Zurzeit sind beide Fälle noch als "Wasserhosenverdacht" klassifiziert, werde das aber noch ändern.

Die Sturmschäden bei Stans-Oberdorf (NW) vom 26.12.1999 würde ich übrigens auch nicht mehr unbedingt als Tornadoverdacht klassifizieren (siehe http://www.tordach.org/ch/feedback.html => vielleicht weiss Willi mehr). Die Wetterlage spricht eher für eine Kleintrombe oder gewöhnliche Sturmwinde.
Hier ein Foto der Schäden (siehe Seite 3): http://www.dallenwil.ch/dl.php/de/20071 ... ere_06.pdf

Was meinen die anderen?

Gruss Chrigi
Zuletzt geändert von Severestorms am Fr 11. Dez 2009, 13:07, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: STURMARCHIV SCHWEIZ: Diskussion von Ereignissen

Beitrag von Severestorms »

Wie der Dorfchronik von Nuglar-St. Pantaleon (Kanton Solothurn) zu entnehmen ist, wütete dort am 7. Juli 1835 möglicherweise ein Tornado, welcher für grössere Schäden verantwortlich war. Es ist die Rede von über 1000 entwurzelten Bäumen und Schäden an Häusern.

Weiss vielleicht jemand mehr darüber?

Quelle: http://www.nuglar.ch/xml_1/internet/de/ ... d75/f4.cfm
Eintrag im Sturmarchiv: http://www.sturmarchiv.ch/index.php/183 ... _Pantaleon

Gruss Chrigi
Zuletzt geändert von Severestorms am Di 18. Mai 2010, 13:51, insgesamt 2-mal geändert.
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lukasm
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Re: STURMARCHIV SCHWEIZ: Diskussion von Ereignissen

Beitrag von lukasm »

Hallo zusammen

Habe heute mal wieder ein wenig gestöbert - hab zwar versucht, Doppel auszuschliessen, aber kann es nicht garantieren ;)

03.06.1855 Windhose bei Nidau
An diesem Sonntage entstand bei Nidau im Kanton Bern eine Windhose, welche Bäume und Dächer brechend grossen Schaden anrichtete, während Gewitterblitze dazwischen zuckten (Züricherische Freitagszeitung, 1855. Nr.23 8.Juni).
07.10.1845 Windhose bei Basel
Eine sehr gute dokumentierte Windhose, verfasst in peinlichster Genauigkeit. Ich habe mir die Mühe gegeben, die Fehler der Leseerkennung zu korrigieren und eine Copy-Paste-Version zu erstellen - aber Fehler wirds trotzdem noch haben ;) Es wäre jedoch nun interessant, die Ortsangaben genau nachvollziehen zu können:
5. Nov. 1845. Herr Rathsherr Peter Merian: Ueber die Dienstags den 7.October1845 in Basel beobachtete Windhose.

Gegen 1 Uhr Nachmittags zog aus SW eine dunkle Wolke heran, so dass allgemein die Ansicht herrschte es nahe sich ein schnell heranziehendes Gewitter. Personen, welche die WOlke genau ins Auge fassten, nahmen an derselben eine wirbelnde Bewegung wahr. Sie gestaltete sich auch zu einer heftigen Windhose, über deren WIrkung nachstehende Notizen gesammelt worden sind, die indess nicht auf Vollständigkeit Anspruch machen.

Die dunkle wirbelnde Wolke zog über den Hügel von St. Margarethen heran. Von zerstörenden Wirkungen auf dem Hügel selbst ist nichts bekannt geworden. An der Heimathgasse, unfern von Ostertag'schen Gundeldingen, wurde ein starker Baum in der Richtung Ost gegen West gefällt. Es fiel an diesem Punkte aus der Wolke ein starker Regen, was bei der Fortbewegung weiter nordostwärts nicht mehr in demselben Masse statt fand. Auf dem Gut des Hrn. Vondermühll-Bischoff, nächst dem Somer-Casino, wurde die Glaswand eines SOmmerkabinets zerstört. Das Glas davon verschwand spurlos. Der Eigenthümer, welcher die Wand halten wollte, wurde mit Gewalt zu Boden geworfen. Auf der nahen Strasse wurde ein Mädchen in die Höhe gehoben. Im Gute von Frau Vischer-Legrand wurde ein Baum zerrissen. Gleichzeitig wurde einwärts, an der Strasse zwischen dem genannten Gute und dem Aeschenthor, und auswärts im Sommer-Casino, bloss ein starker Wind wahrgenommen. Ein ziemlich starker gesunder Nussbaum im langen Gässlein wurde entwurzelt. Die Strohwellen ab einem durch dieses Gässlein fahrenden Wagen wurden in die Höhe gewirbelt, un deine davon bis in den Stadtgraben getragen. In dem an dieser Stelle ziemlich tiefen Stadtgraben wurde ein Obstbaum zerrissen. Von dem neuen Magazin der Herren Burckhardt und Vondermühll, am Ende der St. Albanvorstadt, wurden eine Menge Ziegel heruntergeworfen. An der Reihe der Pappelbäume im Innern der Vorstadt, nächst dem St. Albanthor, verlor der innerste, am meisten stadteinärts stehende, einen Ast. Die Schildwache vor dem Thor merkte gleichzeitig wenig von dem ganzen Ereigniss.

Am meisten Verheerung wurden in der unmittelbar nordostwärts von diesem Punkte gelegenen Vertiefung des St. Albanthals, im Garten des Herrn Pfarrers Thurneysen angerichtet. 39 grosse und kleine Bäume wurden daselbst grösstentheils entwurzelt, theilweise zerrissen. Unter diesen Bäumen waren etwa ein Dutzend von bedeutender Grösse und Stärke. Die an der nördlichen Mauer des Gartens gepflanzten Spalierbäume, und die Spalier selbst, wurden der ganzen Breite nach total weggerissen. Von der Dachstuhle des an der Ostseite des Gartens liegenden alten Hauses, wurde eine Masse von Ziegeln heruntergeworfen. Ein starker Nussbaum am Ost-Ende des Gartens wurde auf die Seite gedrückt, und in seinen Wurzeln aufgelockert; er blieb indess stehen, obgleich in schiefer Stellung. Der Schauplatz der Verheerung nahm hier eine Breite von ungefähr 100 Schritten ein. Das ganze Phänomen dauerte nur wenige Sekunden. Gleichzeitig fielen wenige starke Regentropfen und ein Donnerschlag erfolgte unmittelbar nach der eingetretenen Zerstörung. Etwas mehr ostwärts, im Garten des Herrn Heussler-Fatio wurden zwei morsche Bäume zerrissen.

Die Windhose bewegte sich von da über das nördlich gelegene Haus, warf auf dessen Nordseite Ziegel von Dach herunter und gelangte an den Rhein, wo ein am Ufer mit einer Kette gefestigter Kahn übergestürzt wurde. Auf dem unmittelbar auswärts vom Stadtgraben gelegenen Gute des Gàrtners Vogel im Weidengässlein, wurde ein Baum zerrissen.

Mehrere Beobachter sahen die Windhose von da langsam sich Rheinaufwärts bewegen, einen weiten wirbelnden Trichter im Wasser des Rheins bildend und Wasser in die Höhe spritzend. Sie erreichte das jenseitige Ufer bei dem Gute Solitute des Herrn Hoffmann-Preiswerk, woselbst sie die Bäume mächtig erschütterte, aber keine weitern Zerstörungen mehr veranlasste.
Wàhrend diesem Vorgänge wurde mehr westäwrts ein Wind wahrgenommen, der aber stark an Stärke abnahm, so wie man von der durch die Windhose eingeschlagenen Bahn sich entfernte. Auf dem Münsterplatze wurden die Blätter noch in die Höhe gewirbelt; an der Augustinergasse herrschte aber völlige WIndstille; eben so auf der Rheinbrücke. Es fielen auf der letztern einzelne starke Regentropfen aus einer scharf abgeschnittenen Wolke, so dass man die Tropfen mit der Handauffangen konnte, während man selbst im Trockenen blieb.

Es verdient hervorgehoben zu werden:

1. Dass das Phänomen gerade an einigen tief gelegenen Punkten verheerend gewirkt hat. So scheinen die Zerstörungen nichta uf der Höhe des Hügels von St. Margarethen, sondern erst an dessen Fuss, an der Heimathgasse angefangen zu haben. Sie fanden statt im tiefen Stadtgraben, und am stärksten im St. Albanthal, unmittelbar unter der Erhöhung der St. Albanvorstadt.

2. Zeichnet man auf einer Karte den Gang der WIndhose auf, so bewegte sich diese im Allgemeinen in der Richtung von SW nach NO, aber nicht in einer völlig geraden Linie. Der Weg vom Vischer'schen Gute zum Thurneysen'schen Garten biebt etwas gegen Westen ab im Verhältniss zum Wege von der Heimathgasse bis zu dem erstern der genannten Punkte; vom Thurneysen'schen Garten nach der Solitude ergiebt sich eine noch merkrlichere Abweichung gegen Osten bei der Fortsetzung des Weges.

3. Den 14. Sep. ungefähr um 2 Uhr Nachmtitags zerstörte eine frühere Windhose 3 Bäume im Gute von Frau Vischer-Legrand beim Sommer-Casino. Ein Phänomen, welches so selten beobachtet wird, ist also innerhalb eines Zeitraums von wenig mehr als 3 Wochen über denselben Punkt weggegangen.
@Christian: Habe auch ein wenig recherchiert. Die Angaben sind mehrfach in ähnlich kurzer Ausführung in anderen Quellen zu finden. Es gibt zwar noch minimale weitere Details, wie Uhrzeit ... und naja, dass Menschen emporgehoben wurden?! ...
Bild

Viele Grüsse

Lukas
Zuletzt geändert von lukasm am Mo 27. Sep 2010, 22:44, insgesamt 3-mal geändert.
Der Donner erschüttert die heitere Bläue des Himmels,
Weil hochfliegende Wolken im Äther einander sich stoßen,
Wenn in der Mitte sie stehn von entgegengerichteten Winden.

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Severestorms
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Re: STURMARCHIV SCHWEIZ: Diskussion von Ereignissen

Beitrag von Severestorms »

Vielen Dank Lukas für die wertvollen Recherchen! :up: Habe entsprechende Einträge im Sturmarchiv gemacht:

03.06.1855: Tornado bei Nidau (BE)
07.10.1845: Tornado in Basel (BS)
14.09.1845: Tornado in Basel (BS)
07.07.1835: Tornado in Nuglar-St. Pantaleon (SO)

Zum Basler Tornado vom 7. Oktober 1845: Vermutlich zog er vom heutigen St. Margarethen Park in nordöstliche Richtung bis zum Rheinknie (St. Alban).

Im von Lukas verlinkten Bericht (unter Punkt 3) ist übrigens auch noch von einem Tornado die Rede, welcher gerade mal 3 Wochen zuvor (am 14. September 1845) mehr oder weniger am selben Ort (nämlich beim Sommer-Casino) gewütet haben soll. Erstaunlich! Erinnert an die Fälle von Wetzikon (im Juni 2000) sowie Villargiroud/Massonnens (im August 2004).

Gruss Chrigi
Zuletzt geändert von Severestorms am Di 28. Sep 2010, 11:46, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: STURMARCHIV SCHWEIZ: Diskussion von Ereignissen

Beitrag von Severestorms »

Weiss jemand was über einen möglichen Tornado bzw. Sturm im 4. Heumonat 1700, welcher über die Innerschweiz gezogen sein soll?
"Als den 4. Heumonat 1700 eine Windsbraut des Chorthürmchen in Ruswil, wie gleichzeitig die Helme der Kirchthürme in Matlers, Sempach, Cham und Aegeri abwarf, liess er es auf seine Kosten neu erstellen..."
Quelle: Der Geschichtsfreund : Mitteilungen des Historischen Vereins Zentralschweiz (Band 26, 1871)

Gruss Chrigi
Zuletzt geändert von Severestorms am Mo 4. Okt 2010, 16:44, insgesamt 1-mal geändert.
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lukasm
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Re: STURMARCHIV SCHWEIZ: Diskussion von Ereignissen

Beitrag von lukasm »

Hallo Chrigi

Schein ein wirklcih grösseres Unwetter gewesen zu sein, auch wenn genauere Informationen über Schäden, etc. fehlen.
Bild
http://books.google.ch/books?id=TWZKAAA ... &q&f=false
Ich versuche das mal umzuschreiben :lol:
Ganz anders erscheint der Bach [Anmerkung: Staubbach, Lauterbrunnen] bei heftigen Ungewittern. Dann ist der obere Teil der Wand von einer schwarzen Wolke eingehüllt, und brüllend, mächtig, angeschwollen, scharz von der mit forgerissenen Erde schiesst der Bach in zwei ungeheuren Strahlen weit über ihren Rand fort. Als am 29. Juli 1814 ein grässliches Unwetter über Lauterbrunend verheerend wütete, führte er gewaltige Steine, oft einen Zentner schwer, mit sich, teils wurden sie weit fortgeschleudert, teils fielen sie hagelnd an der Fluh zu Boden. Abprallend von den Vorsprüngen der Felswand, ihre Bogenschwünge wiederholend, zuletzt in hohem Sturz den Schuttkessel ereilend, veranlassten sie ein fürchterliches Geprassel. Dann kamen Baumstäme, entwurzelte Tannen in dem heulenden Wasserschwall herab und während einzelne von Windstössen entführt gleich den Schindeln eines abgedeckten Häuschens um sich selber wirbelnd langsam durch die Lüfte flogen, schmetterten andere gigantischen Pfeilen gleich hernieder und bohrten sich tief in das Erdreich. Die sonst so silberhelle, sanftschwebende Wassergarbe glich einer unermesslichen, umgekehrten, dunkelbraunen Rauchsäule, deren Wallen und Wogen desto ausgedehnter ward, je mehr sie sich dem Boden näherte. Oft von der WIndsbraut fortgerissen, fiel sie talauf und talab von der lotrechten Bahnihres Schwerpunktes weit verschlagen in dei Tiefe; zuweilen stäubte sie sogar über die ganze Breite des Tals. Eine schwarze, lastende Wolkendecke, die den Himmel verbarg, das lebhafte Feuer der im Hintergrund der Landschaft ober von den Höhen der Felswwände herschlängelnden Blitze und bass fürchterliche, alles erschütternde Rollen des Donners dienten dem wütenden Gewässer zu einer schrecklichen, aber erhabenen Begleitung. "Eine Szene des Weltgerichts schien verwirklicht und nur wenige Bewohner des Geländes glaubten je ein solches Rasen des Bergstromes erlebt zu haben." Ähnliche, wenn auch nicht ganz so schreckliche Stürze macht der Staubbacht nicht sehr selten und auch schon nach andauernden Hochgewittern ist er ein furchterregendes Ungeheuer, das entsetzlich brüllend und tobend die Werte der Menschen mit plötzlicher Vernichtung zu bedrohen scheint.
An einem Ort bin ich mri unsicher - Hochgewitter oder so wird das wohl heissen.

Zu dem Ereignis von dir im letzten Post habe ich ergänzend nur gefunden:
Bild
Also am 04. des Heumonats (meines Wissens der Juli) bereits morgens ...

Viele Grüsse

Lukas
Zuletzt geändert von lukasm am Mo 28. Mär 2011, 06:25, insgesamt 1-mal geändert.
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Cyrill
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Re: STURMARCHIV SCHWEIZ: Diskussion von Ereignissen

Beitrag von Cyrill »

lukasm hat geschrieben:
.......angeschwollen, schwarz von der mit fortgerissenen Erde* schiesst der Bach in zwei ungeheuren Strahlen......
... Rauchsäule, deren Wallen und Wogen desto ausgedehnter ward*, je mehr ......
... nicht ganz so schreckliche Stürze macht der Staubbacht nicht sehr selten und auch schon nach andauernden Hochgewittern** ist er ein furchterregendes Ungeheuer, .......
An einem Ort bin ich mir unsicher - Hochgewitter oder so wird das wohl heissen.

Viele Grüsse

Lukas
Hoi Lukas
Tolle Recherche :up: , aber auch beeindruckende Berichte! Danke!

Ich habe Dir mal die drei Stellen (oben) korrigiert. Der heute kaum noch verwendete Begriff "ward" ist eine Vergangenheitsform von "werden" (> "geworden waren" / "wurden"). Der Begriff "Hochgewitter" dürfte nach heutiger meterologischer Definition sich auf inner-, bzw. hochalpine, leeseitig auslösende "Kamm"-gewitter beziehen; und/oder damit die Folgen von stratiformen, nicht-konvektiven Niederschlagsmengen im Zusammenhang mit dem Seeder-Feeder Effekt meinen, welcher meines Wissens auch postfrontal auftreten kann.
Aber dies ist eher spekulativ....

Gruss
Cyrill


lukasm
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Re: STURMARCHIV SCHWEIZ: Diskussion von Ereignissen

Beitrag von lukasm »

Hallo zusammen

@Cyrill: Danke für die Korrekturen ;)

Damit wir noch was aus längst vergangenen Zeiten aufnehmen können, hab ich hier noch was gefunden im Jahr 1501. Leider wirds hier noch schwieriger zum lesen :(
Bild
http://books.google.ch/books?id=5GMWAQA ... nd&f=false
So ungefähr und wohl mehr sinngemäss und leider auch mit grossen Lücken - vielleicht hat jemand ein Studium in Geschichte absolviert :mrgreen:
An jenem Maiabend um Vesperzeit (späterer Nachmittag) kam so ein grosser Hagel, desgleich vormals in Zürich noch nie gesehen wurde, [...] und an vielen Orten der Stadt lagen sie acht ganze Tage, ehe sie zerschmolzen und [...]
Die erste Lücke beschreibt wohl die Höhe des Hagels (einen Schuh).
Das genaue Datum ist wohl der 30.04.1501 (wobei darauf nicht 100% verlass wurde, weil damals ja noch der julianische Kalender galt - also +/- 10 Tage)
Bild
http://books.google.ch/books?id=MD5CAAA ... 01&f=false

Oder hier noch ein "Wirbelwind":
Bild
http://books.google.ch/books?id=uHQ_AAA ... iz&f=false
[...] Eine solche Windsbraut hat auch den 02. August 1709 auf dem Pfeffikersee und Rämpferbach das Wasser hcoh aufgetrieben, die Äste von den Bäumen abgewunden, j anach dem ersten ausgestreuten Gerücht (welches aber sich hernach nicht wahr befunden) die Steine selbst aus dem Bach geworfen.
Des weiteren soll Allières zerstört worden sein von einem Wirbelwind im Januar 1821:
Bild
http://books.google.ch/books?id=EvCk8FC ... iz&f=false
Allire, Dorf am östlichen Abhange der Dent de Jaman, in der ... Montbovon, Freiburt, Bezirk Greierz. Der Ort wrude im Jänner 1821 durch einen Wirbelwind, Karrin genannt, grösstenteils zerstört. Interessant für den Naturforscher ist der Trichter im Bongrinbache
Wobei hier wohl eher von einem grossen Sturm die Rede ist.

Und zum Schluss hier noch eine interessante Erzählung "Steinwirbel":
http://books.google.ch/books?id=niZCAAA ... &q&f=false
Steinwirbel.

Im Sommer 1865 war ich mit Hrn. Wolf, damals Apothergehilfen in Chur, auf dem Calanda. An einer ganz mit verwitterten Kalkschieferstücken aus der Kreideformation bedeckten Stelle, sahen wir plötzlich diese Gesteinfragmente in Bewegung geraten. Stücke von einigen Zoll Durchmesser erhoben sich etwa einen Fuss hoch oder mehr in die Luft und wurden im Kreise gedreht, bald niederfallend, bald sich wieder erhebend. Der Kreis in dem sie sich bewegten, mochte etwa 20 Schritte im Durchmesser haben. Er wurde von einem Wirbelwind gebildet, welcher schief von West nach Ost über den Grat zog und einen Theil Schieferstücke mit in die Tiefe nahm, ehe wir die Stelle erreichen konnten auf die wir zueilten, und von der wir 20—30 Schritte entfernt sein mochten. So weit ist mir die Sache erinnerlich; die damals gemachten Notizen sind mir leider abhanden gekommen.

Hr. Förster Emmermann in Samaden beobachtete dieselbe Erscheinung an der weissen Platte im Thale Müsellas zwischen Samaden und Camogask. Handgrosse Platten von Gneiss und Glimmerschiefer seien hoch in die Luft gehoben und im Kreise gedreht worden, so dass er nicht gewagt habe sich dem Wirbel zu nähern, welcher dann, fortwährend Steine herumdrehend, weiter gezogen sei.

Am 30. August 1864, Nachmittags, bei wolkenlosem Himmel, bestieg Hr. Director H. Szadrowsky von Chur den 3039 Met. hohen Piz Carral in der Berninakette. Auf der Spitze herrschte nur leichter, kaum fühlbarer Luftstrich. Plötzlich aber entstand ein ziemlich starker Luftdruck und wenige Secunden später bildete sich ein Wirbelwind, der den Besteiger nicht mehr auf den Beinen liess und seine mit Mineralien ziemlich schwer beladene Bergtasche fast 3 Fuss weit fortschob. In den umherliegenden Steinen war ein schreckliches Gepolter. Die ganze Erscheinung mochte höchstens 25 Sekunden gedauert haben, dann trat wieder die anfängliche Windstille ein, die sich auch bis zum Zurückzug des Besteigers (circa 1 Stunde) nicht mehr verlor. Temperatur auf der Spitze +8,2° R. Der folgende Tag brachte heissen Föhn ohne Sturm.

Letzten Herbst wurden in der Nähe des Julierpasses einige Engadiner durch einen solchen Steinwirbel sehr erschreckt, von welchem sie eine grausige Beschreibung machten. Mag diese auch etwas übertrieben sein, so ist doch an der Richtigkeit der Tatsache nicht zu zweifeln.

Vor einigen Jahren wurde dieselbe Erscheinung auf dem Parpaner Rothhorn von Hrn. Regierungsrath Hold beobachtet. Es sind mir die näheren Notizen, welche mir versprochen wurden, noch nicht zugekommen.

Man sieht zuweilen an Stellen, wo viele schieferige leichte Gesteintrümmer liegen, diese auf sonderbare Weise gleichsam zusammengekehrt und gruppiert. Sollte diess nicht in eben solchen Wirbelwinden seinen Grund haben?

Wir empfehlen die Erscheinung weiteren Beobachtungen und Berichten. G. Theobald
Der Autor dieses Textes schien äusserst bekannt gewesen zu sein und dieser Bericht wird wider wiederholt zitiert von verschiedenen Dokumenten jener Zeit.

In diesen Chroniken liessen sich sicher noch viele Ereignisse entdecken.
z.B. http://books.google.ch/books?id=HSgVAAA ... &q&f=false (Ab Seite 439)

Aber auch in den Neuen Appenzeller-Chronick, etc. Also wenn mal wer Lust hat - da gibt es viele Dinge zu entdecken, auch Beschreibungen über Schlachten, etc.

Auf jeden Fall faszinieren mich diese alten Dokumente .... :)


Viele Grüsse

Lukas
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Re: STURMARCHIV SCHWEIZ: Diskussion von Ereignissen

Beitrag von Christian Schlieren »

@Lukas

Ich bin mir ziemlich sicher das es sich bei den "Steinwirbel" um Staubteufel handelt, ich kan mir auch durchaus vorstellen das diese Schiferstücke geringfügig durch die Luft schleudern können.
Ich bin auch mal in einen Staubteufel geraten und es wahr ziemlich ruppig und ich voller dreck und das in ein paar sekunden :) :unschuldig:

Gruss
Christian Schlieren bei Zürich 393 M.ü.M

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Re: STURMARCHIV SCHWEIZ: Diskussion von Ereignissen

Beitrag von Severestorms »

Hallo zusammen

Bin über ein interessantes Foto gestolpert!

Aufgrund dessen besteht der dringende Verdacht, dass es am 12. August 2006 über dem Bielersee zu einer Wasserhose gekommen ist.

Das folgende Bild zeigt eine dünne längliche Funnelcloud, deren verursachender Vortex mutmasslich bis zur Wasseroberfläche hinab reicht (ein Touchdown ist zwar nicht erkennbar, aber sehr wahrscheinlich). Der Schnappschuss gelang Marten Idema, aufgenommen am 12. August 2006 um 09.12 Uhr vom Camping Sutz am Bielersee aus.

Bild
(c) Marten Idema
Bildquelle: http://www.camping.de/de/plaetze/europa ... ersee.html resp. http://www.panoramio.com/photo/736064

Das Foto wurde erst am 8. Februar 2007 ins Internet hochgeladen, weshalb ich anfangs von einem falschen Datum ausgegangen bin (Merci an Lukas und Uwe für die Aufklärung und Hilfe).

Nun, was war am 12. August 2006 wettermässig los?

Willi hat bereits einen Thread aufgestöbert, wonach es an jenem Tag im Elsass zu einem sehenswerten Funnel gekommen ist: Funnel 12.08.2006 Haguenau/Elsass

Meine Recherche hat nun zusätzlich ergeben, dass einige Forumsuser sogar den Riecher nach einer Wasserhose hatten: Wasserhose heute ?
Bemerkung am Rande: Übrigens einmal mehr zeigt sich, wie wichtig ein Titel mit Datum (dd.mm.yyyy) ist (sonst ist ein Thread unter Umständen fast nicht mehr aufzufinden).

Frage an Dr. Funnel: Hast du an jenem Morgen (12.08.2006) einen Funnel am Bodensee beobachten können (wie im obigen Thread Wasserhose heute ?
von Willi angedeutet? Oder gings um die Funnels, welche du am 10. August, also zwei Tage zuvor, gesichtet hast?


Ein Blick ins GFS-Kartenarchiv zeigt, dass am 12. August 2006 ein Höhentrog über Mitteleuropa lag:

Bild
Quelle: http://www.wzforum.de/

Bild
Quelle: http://www.wzforum.de/


Situation am Bielersee:
In Nidau am nördlichen Ende des Bielersees war es um die Zeit, als das Foto gemacht wurde, schwach windig und mit etwa 10° Lufttemperatur für die Jahreszeit recht kühl. Der See dürfte nach dem heissen Juli noch gut aufgeheizt gewesen sein.

Bild
Quelle: http://www.windguru.cz/de/index.php

Vielleicht finden sich ja noch mehr interessante Daten zu jenem Morgen.

Dies ist soweit ich weiss bis dato der erste dokumentierte Fall einer Wasserhose resp. Funnelcloud über dem Bielersee.

Gruss Chrigi
Zuletzt geändert von Severestorms am Mi 5. Okt 2011, 10:56, insgesamt 5-mal geändert.
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