Gewitter / SZ_KF-Passage, 20.-21.08.2016 N-Italien, Venedig
Verfasst: Di 23. Aug 2016, 12:10
Hoi zäme
ich war am Wochenende mit Andreas (Winterthur) in Norditalien chasen. Nach Deutschland, Frankreich und natürlich der Schweiz, war Italien nun ein weiteres Land in dem wir gemeinsam auf Gewitterjagd gingen. Die synoptische Konstellation war sehr knifflig, weshalb die Modelle sich uneins waren und von Lauf zu Lauf stark schwankten. Einmal war die Turiner Hagelzelle, die bei solchen Lagen fast immer kommt, bei Cosmo 1 deutlich drin, im nächsten Lauf aber nicht mehr. Den Fokus legte ich von Anfang an in die Gegend zwischen dem Gardasee und Padova für den Samstag und noch unbestimmt, einfach weiter östlich für den Sonntag. Konkret schlug ich Andreas für den Samstag den Spotterplatz auf der Halbinsel Sermione vor, gab aber zu bedenken, dass es für diese Regionen etwas wenig CAPE habe (ML 50 so 450 - 700 J/kg) und die hohen CIN in einigen Gegenden vermutlich die Folge einer starken Subsidenzzone sei (Höhenhochrücken über Norditalien mit Kamm etwas nördlich des Gardasees in Richtung von dessen Achse).
Das typische Vb-Tief bildete sich bereits am Samstag über Genua heraus, einfach noch mit einem eher flachen Druckgradienten in Richtung NW, der sich aber während der Episode gegen den Sonntag hin aufsteilte.
Der Einfluss des Kurzwellentroges, der sich näherte, war schon am Samstag da, vor allem durch die einsetzende WLA aus der Po-Ebene, die mit der Kaltluft aus Norden eine markante Konvergenz und somit eine Hebungszone bildete. Aber Andreas hatte natürlich recht, wenn er meine Vorfreude auf den Samstag etwas bremste und mich darauf hinwies, dass die KF-Passage eigentlich erst am Sonntag stattfinden würde und zwar direkt entlang des Alpenbogens, aus Norden südlich ausfliessend, was man an den gerechneten, saumartigen Niederschlagsbändern am Fuss des Gebirges und anhand der 10m Winddaten bei Triest und Istrien, in denen eine Bora mit ansehnlichen 50-60 Knoten gerechnet wurde.
Wir wollten vor allem Blitze in der Nacht fotografieren, sonst wäre wir nicht in Richtung Venedig, sondern in Richtung Modena ins Lee der Apenninen gefahren, wo es dann auch am späten Nachmittag bei Parma ausgelöst hatte. Als wir Mailand auf der Ringautobahn um fuhren, erkannten wir, dass alles - bezogen auf Cosmo 1 - wieder einmal rd. 1 1/2 Stunden früher dran war als gerechnet. Statt gemütlich um 20-21z auf die Gewitter zu warten, wurde es etwas hektischer und die Stopps unterwegs waren kurz. Die Zelle drehte langsam nach rechts, das heisst nach Osten und ging südlich an Mantova vorbei, im Nordosten ein riesiges Feld stratiformen Niederschlags hinterlassend, was ein wenig der Performance einer V-, oder U-Shape-Entwicklung ähnelte und uns sofort klar wurde, dass der Gardasee-Plan einem neuen Plan B weichen musste, in dem auch die Frage auftauchte, wie lange lebt dieses System. Wir mussten auf dei südwestliche Seite, auf die Seite der Zelle kommen, wo sie ihre Energie anzapft. Dort war auch der Core mit den Blitzen. Uns blieb aber nicht gerade üppig viel Zeit und wir entscheiden uns die nach rechts ausscherende Zugbahn grob zu berechnen und sie von Südosten abzufangen. Wir erreichten nach fast einer Stunde Fahrzeit durch den strömenden Regen, auf holperiger Fahrbahn mit noch ziemlich viel Verkehr einen Feldweg ausserhalb von Legnano. Die Position war perfekt. Sie kam genau auf uns zu, produzierte Blitze im Sekundentakt....; aber alles IC's
Die Zelle schwächte vor unseren Augen ab, produzierte einen immensen rd. 20 km langen CC quer über den Himmel und ein imposanter 6-fach-CG in rd. 4-5 km Distanz. Wir verpassten leider beide nicht mit der Kamera.
Am nächsten Morgen, nach Frühstück und Kartenstudium, wobei Cosmo von allen Modellen wieder am besten sein wird und Lightning Wizard mit dem Superzellen-Parameter vt 18z eigentlich die Entwicklung gut simulierte, gings auf die Tour. Die WRF-Variante nach Udine liessen wir fallen, sowie die Ravenna - Rimini (mit Tornadopotential); wir blieben in der Region Veneto und beobachteten die Entwicklungen. Es bildete sich eine Superzelle, die direkt aus Norden nach Venedig steuerte. Wir standen perfekt. Diese Zelle stoppte über Venedig, wurde quasistationär, in der zweiten Lebensphase sogar leicht Retrograd, wonach wir bei einer Tankstelle mit guter Sicht und völlig trocken inmitten von drei Zellen uns befanden; und die eine Zelle zu Spitzenzeiten > 2 Blitze / Sekunden produzierte. Wie wir auf der Fahrt nach Ravenna danach sahen, hatte der Sturm Bäume entwurzelt, armdicke Äste geknickt und viel Blattwerk lag auf der Strasse.
Insgesamt zwei top-Chasingtage. Leider ist ein Teil meiner Aufnahmen wieder unscharf, weil nun das eine Objektiv den "Geist" ganz aufgegeben hat.... schade.
Bilder und Videos folgen....
Gruss Cyrill
url=http://www.sturmforum.ch/forum_uploads/ ... Cyrill.JPG]
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ich war am Wochenende mit Andreas (Winterthur) in Norditalien chasen. Nach Deutschland, Frankreich und natürlich der Schweiz, war Italien nun ein weiteres Land in dem wir gemeinsam auf Gewitterjagd gingen. Die synoptische Konstellation war sehr knifflig, weshalb die Modelle sich uneins waren und von Lauf zu Lauf stark schwankten. Einmal war die Turiner Hagelzelle, die bei solchen Lagen fast immer kommt, bei Cosmo 1 deutlich drin, im nächsten Lauf aber nicht mehr. Den Fokus legte ich von Anfang an in die Gegend zwischen dem Gardasee und Padova für den Samstag und noch unbestimmt, einfach weiter östlich für den Sonntag. Konkret schlug ich Andreas für den Samstag den Spotterplatz auf der Halbinsel Sermione vor, gab aber zu bedenken, dass es für diese Regionen etwas wenig CAPE habe (ML 50 so 450 - 700 J/kg) und die hohen CIN in einigen Gegenden vermutlich die Folge einer starken Subsidenzzone sei (Höhenhochrücken über Norditalien mit Kamm etwas nördlich des Gardasees in Richtung von dessen Achse).
Das typische Vb-Tief bildete sich bereits am Samstag über Genua heraus, einfach noch mit einem eher flachen Druckgradienten in Richtung NW, der sich aber während der Episode gegen den Sonntag hin aufsteilte.
Der Einfluss des Kurzwellentroges, der sich näherte, war schon am Samstag da, vor allem durch die einsetzende WLA aus der Po-Ebene, die mit der Kaltluft aus Norden eine markante Konvergenz und somit eine Hebungszone bildete. Aber Andreas hatte natürlich recht, wenn er meine Vorfreude auf den Samstag etwas bremste und mich darauf hinwies, dass die KF-Passage eigentlich erst am Sonntag stattfinden würde und zwar direkt entlang des Alpenbogens, aus Norden südlich ausfliessend, was man an den gerechneten, saumartigen Niederschlagsbändern am Fuss des Gebirges und anhand der 10m Winddaten bei Triest und Istrien, in denen eine Bora mit ansehnlichen 50-60 Knoten gerechnet wurde.
Wir wollten vor allem Blitze in der Nacht fotografieren, sonst wäre wir nicht in Richtung Venedig, sondern in Richtung Modena ins Lee der Apenninen gefahren, wo es dann auch am späten Nachmittag bei Parma ausgelöst hatte. Als wir Mailand auf der Ringautobahn um fuhren, erkannten wir, dass alles - bezogen auf Cosmo 1 - wieder einmal rd. 1 1/2 Stunden früher dran war als gerechnet. Statt gemütlich um 20-21z auf die Gewitter zu warten, wurde es etwas hektischer und die Stopps unterwegs waren kurz. Die Zelle drehte langsam nach rechts, das heisst nach Osten und ging südlich an Mantova vorbei, im Nordosten ein riesiges Feld stratiformen Niederschlags hinterlassend, was ein wenig der Performance einer V-, oder U-Shape-Entwicklung ähnelte und uns sofort klar wurde, dass der Gardasee-Plan einem neuen Plan B weichen musste, in dem auch die Frage auftauchte, wie lange lebt dieses System. Wir mussten auf dei südwestliche Seite, auf die Seite der Zelle kommen, wo sie ihre Energie anzapft. Dort war auch der Core mit den Blitzen. Uns blieb aber nicht gerade üppig viel Zeit und wir entscheiden uns die nach rechts ausscherende Zugbahn grob zu berechnen und sie von Südosten abzufangen. Wir erreichten nach fast einer Stunde Fahrzeit durch den strömenden Regen, auf holperiger Fahrbahn mit noch ziemlich viel Verkehr einen Feldweg ausserhalb von Legnano. Die Position war perfekt. Sie kam genau auf uns zu, produzierte Blitze im Sekundentakt....; aber alles IC's
Die Zelle schwächte vor unseren Augen ab, produzierte einen immensen rd. 20 km langen CC quer über den Himmel und ein imposanter 6-fach-CG in rd. 4-5 km Distanz. Wir verpassten leider beide nicht mit der Kamera.
Am nächsten Morgen, nach Frühstück und Kartenstudium, wobei Cosmo von allen Modellen wieder am besten sein wird und Lightning Wizard mit dem Superzellen-Parameter vt 18z eigentlich die Entwicklung gut simulierte, gings auf die Tour. Die WRF-Variante nach Udine liessen wir fallen, sowie die Ravenna - Rimini (mit Tornadopotential); wir blieben in der Region Veneto und beobachteten die Entwicklungen. Es bildete sich eine Superzelle, die direkt aus Norden nach Venedig steuerte. Wir standen perfekt. Diese Zelle stoppte über Venedig, wurde quasistationär, in der zweiten Lebensphase sogar leicht Retrograd, wonach wir bei einer Tankstelle mit guter Sicht und völlig trocken inmitten von drei Zellen uns befanden; und die eine Zelle zu Spitzenzeiten > 2 Blitze / Sekunden produzierte. Wie wir auf der Fahrt nach Ravenna danach sahen, hatte der Sturm Bäume entwurzelt, armdicke Äste geknickt und viel Blattwerk lag auf der Strasse.
Insgesamt zwei top-Chasingtage. Leider ist ein Teil meiner Aufnahmen wieder unscharf, weil nun das eine Objektiv den "Geist" ganz aufgegeben hat.... schade.
Bilder und Videos folgen....
Gruss Cyrill
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